Nanny Day – ibank , Wall Steet – 5. Januar 2009, Kapitel 27-Teil II

Levis saß an seinem Schreibtisch und betrachtete die Schnee bedeckte Wall Street. Er hatte heute morgen beim Juwelier das Schild gesehen. „Bis auf weiteres geschlossen“, stand da. Jetzt fand er es schade, dass er mit der netten Goldschmiedin nie die Telefonnummer ausgetauscht hatte. Er kannte nicht einmal ihren Nachnamen. Wie es ihr jetzt wohl gehen würde?
Warum er selbst noch seinen Schreibtisch hatte, wusste er nicht so genau. In letzter Zeit versuchte er sich unsichtbar zu machen. Erste Entlassungen hatte es bereits gegeben.
Er schaute sich seitlich in seinem Gadget die neusten Nachrichten an und erstarrte:

„Regierungen frieren Geld auf den Banken ein und verwehren Sparern Zugriff auf ihr Geld.
Trotz permanentem Eingreifen der Regierungen haben die Kreditausfälle Weihnachten die besicherte Summe der Rückversicherer von 2.000 Milliarden Dollar überschritten. “

Gleichzeitig öffnete sich die Tür und Gabriella kam weinend herein. Der Chef ist völlig ausgeflippt: „Ich schmeiß alles hin. Ich habe nicht gezockt und trotzdem wir.“ Gabriella war Vorstandassistentin und hatte sich mit Levis angefreundet. Für Levis war Gabriella der heiße Draht zur Chefetage. Auf den ersten Blick erfüllte Gabriella voll das Klischee der sexy Blondine. Doch der Proporz zwischen sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten entsprach ihrer makellosen Optik mit ihren perfekten Körpermaßen.
„Ich habe die Zahlen gesehen. Nicht nur von uns, wir stehen noch gut da. Von allen. Die machen permanent Videokonferenzen mit immer neuen Banken. Man will sich zu einem neuen Konsortium zusammenschließen, um wieder das Vertrauen von den Kunden zu gewinnen. Banken mit insgesamt 500 Milliarden Dollar Kreditumsatz machen wohl schon mit. Mein Chef meint, damit wird das Vertrauen nicht zurückkommen. Wenn die Konten wieder freigegeben werden, werden die Kunden alles abheben. Alles, verstehst Du?“

Levis war eigentlich nicht überrascht. Mit Isabella hatte er verschiedenste Szenarien für ihre eigene Zukunft bereits durchgespielt. Immerhin Isabella hatte einen sicheren Job als Trendscout bei FINDERS. Davon konnten sie beide mit ein wenig Einschränkung leben.
Was Levis nicht für möglich gehalten hatte, am Abend war der „letter of intent“ für das Bankenkonsortium unterschrieben.
Durch die Headline eines Presseartikels bekam das Konsortium dann wenig später seinen Namen. „Nanny Day“ wurde das Konsortium genannt. Der Kunde sollte sich so behütet fühlen, wie bei einer Kinderfrau. Man hatte sich vorgenommen, dass der 5.1.2009 als Wendepunkt der Finanzkrise in die Geschichte eingehen sollte. Durch diesen Namen sollte jeder Amerikaner auch in Zukunft wissen, wem er diese Rettung zu verdanken hatte. Levis erfuhr später von Gabriella, einige Banker hätten sich fest vorgenommen nach der erfolgreichen Sanierung der Volkswirtschaft den „Nanny Day“ als offiziellen Nationalfeiertag eintragen zu lassen.

Unmittelbar nach Gründung des Konsortiums gab die USA die eingefrorenen Konten frei. Am nächsten Tag wurden innerhalb von 3 Stunden 15 % aller Spareinlagen abgehoben, da die Geldanleger nicht vom Erfolg des Konsortiums überzeugt waren. Noch am selben Tag wurden die Gelder wieder eingefroren. Die Börse rutschte auf ein Allzeittief.
Diese verzweifelte Lage nutzte Google, um sich in die Debatte einzumischen. Google stellten dem Senat und den Banken einen Rettungsplan vor.

Bei einem Minimum an Verwaltungskosten bot Google das Konzept einer Onlinebank an. Ohne große Entwicklungskosten übertrug Google sein Adwords Werbesystem auf die Onlinebank und baute ein Zinssteigerungsportal auf. Geldgeber, welche die günstigsten Zinsen boten, bekamen den Zuschlag.
Geldgeber konnte jeder ab 1000 Dollar Anlagekapital werden.
Der Geldgeber gab eines oder mehrere Keywords in das Portal ein. Hierdurch wurde der Bereich abgesteckt, in dem er investieren wollte.
Zusätzlich definierte er auf einer Skala von 1-10 seine Risikobereitschaft.
Er konnte stundengenau festlegen, wie lange er das Geld anlegen wollte.
Unternehmen, welche das gleiche Keyword zur Kreditsuche hinterlegt hatten, wurden dem Geldgeber in einer Liste online angezeigt. Per Klick konnte der Geldgeber die Kreditauszahlung veranlassen.
Die Zinshöhe richtete sich nach dem Risikorank der letzen drei Jahre, welcher von der Suchmaschine vergeben worden war. Start Ups konnten nicht berücksichtigt werden, da sie noch keinen Rank hatten.
Die US-Regierung hatte das Konzept unter der Bedingung bewilligt, dass nur direkte Geldtransfers zwischen Geldgebern und Kreditnehmern über das Portal vermittelt wurden. Federführend hierbei war die Finanzministerin und ehemalige Ebay-Chefin.
Die Kreditnehmer durften keine Banken sein. So wurden nur genau in der Höhe Kredite vergeben, wie auch direkte Spareinlagen vorhanden waren. Der Verwendungszweck der Kredite musste über die Internetpräsenz für alle erkennbar sein.
Das Konsortium ging mit all seinen Banken in die Planinsolvenz. Hierdurch entledigte man sich des überflüssigen Personals und der nicht mehr selbstgenutzten Immobilien auf einen Schlag.
Es sah so aus, als ob das Geld der Anleger verloren wäre. Da bot eine Auffanggesellschaft, bestehend aus den gesunden Teilen des Konsortiums und Google – Gooday Group genannt – an, die insolvente Bankengruppe für einen Dollar mit der Vorgabe aufzukaufen, die nächsten 30 Jahre 20 % die schließlich erzielten Gewinne an die Altgläubiger abzuführen.

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