Closeshopping – Berlin – 2007, einige Tage später, Kapitel 18, Teil II

Das hatten Brigitte und ich uns redlich verdient.

Nach Heiligendamm machten wir eine Woche Urlaub in Berlin.

 
Unsere Vertretungen waren inzwischen so lange dabei, dass sie die meisten im Agenturbüro anfallenden Vorkommnisse ohne uns bewältigen konnten. Im Notfall konnten wir ja aus Berlin eingreifen.

Wir wohnten in einer Hotelsuite mit großem Wohnraum – ausreichend Platz um zu arbeiten.

 
„Komm Schatz, jetzt machen wir uns einen schönen Abend.“

Nachdem wir bis 1.00 Uhr nachts durch die Kneipen Kreuzbergs getingelt waren, sagte Brigitte schon ein bisschen beschwipst zu mir: „Und jetzt noch Closeshopping, bitteee.“

Als ob wir in unserem Job nicht schon genug mit Einkaufen zu tun hatten. „Aber nur, wenn wir keine Schuhe kaufen.“

„O.k. Schatz, lass uns in die FashionX-Galerie gehen. Ich hab mir schon so lange kein Abendkleid mehr gekauft.“

 
Brigitte konnte nicht unterlassen, sich als Profi über andere Agenturen Gedanken zu machen. Abendkleider hatten eine recht hohe Rücksendequote. Aber sie wusste auch, dass die Kategorienagentur für Damenabendkleidung wesentlich höhere Margen hatte, als dies bei Schuhen möglich war.

Dafür war der Pflegeaufwand der über 1000 Communities und über 5000 Hersteller bei einem Bruchteil des Schuh-Durchsatzes ungleich höher.

 
„Mittwoch kann ich in einem Fashion-Café die Sachen anprobieren. Guck mal, da drüben ist eins.“ Übermütig zog Brigitte mich mit sich mit. Wie hatte es ihr gefehlt, mal wieder richtig Frau zu sein.

Direkt am Eingang des Cafés standen mehrere Achtcard-Faxgeräte mit 14’’ Monitor.

Brigitte steckte ihre Karte mit der Ticketseite ein und reservierte für Mittwoch Abend einen schönen Tisch in der Nähe der Bühne, aber ohne Bühnenzeit.

 
Gerade wurde heftig Beifall geklatscht. Eine hübsche junge Frau stolzierte über die Bühne und veranstaltete für eine bunt gemischte Gruppe von Freunden eine Modenschau.

Je nach Einstellung des Showpults konnten die eigenen Freunde oder auch alle Gäste des Cafés über eine Tastatur eine Punktzahl vergeben. Selbst wer alleine kam, musste so nicht alleine aussuchen.
 
Brigitte steckte den Ausdruck mit Tischnummer und Uhrzeit ein. Anschließend gingen wir an den Schaufenstern vieler Boutiquen vorbei.

„Kuck mal, das Grüne.“

„Nee, das trau ich mich nich.“

„Doch, das kannst Du wirklich tragen.“

„Ach so siehst auch nur Du mich“, sagte Brigitte und gab mir einen dicken Kuss: „Das Blaue da, das sieht elegant aus.“

„Ja, stimmt, das gefällt mir auch“, sagte ich. „Hoffentlich sind die auch Closeshopping fähig.“

„Ach, das sind die doch hier alle.“

 
Brigitte hatte recht, in Augenhöhe verlief über die gesamte Fensterbreite ein schmaler Streifen bestehend aus von innen aufgeklebten kleinen Zetteln. Die Merkzettel, die mich an die Aufkleber von Disketten erinnerten, wurden durch 4 Grenzmarker eingefasst und enthielten alle wichtigen Informationen über das Geschäft und den Artikel.

„Guck noch mal Schatz, das Kleid war doch Nr. 12.“ 

Im Schaufenster stand neben dem nicht ganz unbedeutenden Preis eine große 12. „Ja, das ist richtig.“

Brigitte fotografierte das Kleid und schickte eine MMS an die standardmäßig für das Einkaufen hinterlegte Kurzwahl.

Dann steckte Brigitte die Shoppingprofilseite der Achtcard in ihr Handy und fotografierte den Merkzettel.

Anschließend schickte sie eine weitere MMS an die gleiche Kurzwahlnummer. Ihre genauen Maße waren Online hinter der Kategorie Abendkleidung hinterlegt.

Brigitte erhielt eine Bestätigungs-SMS und war zufrieden. Anschließend steckte sie die Ticketseite der Achtcard in das Handy.

Die von Brigitte gespeicherten Termine wurden auf  dem Handy angezeigt. Sie klickte auf den Termin im Fashion-Café am Mittwoch. Somit war klar, dass die Lieferung in das Fashion-Café erfolgen sollte. In 8 weiteren Geschäften bestellte Brigitte so Kleider zum Anprobieren in das Fashion-Café.

 
Im Hintergrund wurde ein Prozess mit Korrespondenz zwischen verschiedenen Servern, Bestellung beim Hersteller, Sammeln von abgeschickten Produkten bei Regionallogistik-Verteilzentren und gebündelter Tagesauslieferung an die einzelnen Geschäfte angestoßen.

Viele Städte hatten inzwischen eine komplett PKW freie Innenstadt durchgesetzt.
Die Auto-Besitzer konnten einfach nicht mehr das Argument anführen, öffentliche Verkehrsmittel würden sich nicht für den Transport von Waren eignen.

Durch die hohen Einsparungen an Logistikkosten, war es möglich, dass die Anbieter alle Lieferkosten übernahmen.

Wer eingekaufte Waren nicht gleich mitnehmen wollte, bekam diese einige Stunden später kostenlos gebracht.

 

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