Konsequenzen – Berlin, Reichstag – Juni 2007 ,15. Teil ,Kapitel II

Dr.   Friedrich  Jägermeister  leitete  den  Untersuchungsausschuss  zur  Abhöraffäre  Kaminski.   Ihn  nervten  die unendlich  langweiligen  technischen  Vorträge  über  Verschlüsselungstechnologien,  Trojaner,  Würmer,  welche  er  sich  in  den  letzten  Wochen  permanent  anhören  musste.  Alles  war  diese  Assbach  schuld.   Schließlich  war  sie  einfach  ohne  Rücksprache  mit  dem  Innenministerium  an  die  Presse  gegangen  und  hatte  von  einem  Abhörskandal  geredet. Wenigstens  war  sie  klug  genug  gewesen,  keine  Einzelheiten  preis  zugeben.   Nun  sollte  also  heute  der Fall  Kaminski  unter  Ausschluss  der  Öffentlichkeit  geregelt  werden. Dass  gerade  Kaminski  in  die Falle  tappen  musste.   War  doch  allen  bekannt,  dass  er immer  andere  die Suppe  auslöffeln  ließ. Nun  galt  Kaminski  als Netzbeschmutzer.   Schließlich  hatte  doch  jeder  das  ein  oder andere  Mal  seine  Macht  missbraucht.   Aber  wenn Jägermeister  das  richtig  sah,  hatte  Kaminski  von den meisten  Datenschutzverletzungen  nicht  einmal  profitiert.   

Jeder  im  Ausschuss  kannte  einen  Supercardbesitzer,  den  man  dazu  bewegen  konnte,  über  den  einen  oder anderen  Informationen  zu  sammeln.   Alle  Ausschussmitglieder  hatten  jetzt  große  Angst,  dass  auch  ihre  kleinen  Unregelmäßigkeiten  auffliegen  würden.   Schließlich  ließ  sich  nicht  vermeiden,  dass  die  Sache  Kaminski  bei  Angela  Merkel  landete  ausgerechnet  zum  Zeitpunkt  ihrer  Europapräsidentschaft.   Angela  Merkel  hatte  die  Sachen  an  den  parlamentarischen  Untersuchungsausschuss  einerseits  und  eine  interne  Aufklärungskommission  andererseits  weitergegeben.  

 „Lückenlose  Aufklärung  unter  Ausschluss  der  Öffentlichkeit“  hieß  die  Anweisung.   Langsam  weitete  sich  der  Skandal  aus.   Frau  Assbach  arbeitete  eng  mit  der  Aufklärungskommission  zusammen.   Alle  Supercardzugriffe  wurden  nun  ausgewertet.   Aufgrund  der  Zugriffe  wurden  Rückschlüsse  auf  die  Beeinflussung  von Entscheidungen  der Politik  gezogen.   Nur  hinter  vorgehaltener  Hand  gab  man zu,  dass  wohl  die eine  oder andere  Abstimmung  ohne  Datenmissbrauch  anders  gelaufen  wäre. 

Schließlich  war  eine  Pressekonferenz  nötig  gewesen,  in  der  man  zugab,  dass  es  Unregelmäßigkeiten  beim  Datenschutz  gegeben  hatte.   Allerdings  so toll  wie  der Kaminski  hatte  es  wohl  keiner  getrieben. Da  die  Abgeordneten  im  Gegensatz  zu  Kaminski  keine  Supercard  besaßen,  waren  ihnen  Verstöße  schwerer  nachweisbar. Herr  Kaminski  betrat  den Raum.   Er  war  die  Ruhe  in  Person  wie  immer,  setzte  sich  auf  seinen  Platz  und  tippte  etwas  in  seinen  Laptop.  

„Er  wird  doch  nicht  schon  wieder… “ Der  Vorsitzende  erstarrte.   Sicher,  Jägermeister  saß  auf  diesem  Stuhl,  weil  er  Schriftliches  immer  vermieden  hatte.   Aber  jeder  ließ  sich  von  dieser  Kaminski  Geste  einschüchtern.   Gab  es  etwa  ein  heimliches  Audioband  über  seine  Absprachen?  In  den  nächsten  4  Stunden  beantwortete  Kaminski  die im Kreuzfeuer  gestellten  Fragen  mit  immer  gleichbleibender  Gleichgültigkeit.   Selten  setzte  er dem „Ja“  oder „Nein“  noch  etwas  hinzu.   Manchmal  hielt  er eine  Frage  nicht  der  Beantwortung  wert  und  wendete  sich  statt  zu  antworten  wieder  seinem  Laptop  zu. Sicher,  er  hatte  keine  Supercard  mehr,  aber  eindeutiger  als  mit  dieser  Geste  hätte  Kaminski  es nicht  sagen  können: „Ich  kenne  alle  eure  Geheimnisse,  wenn  ihr  mich  aufliegen  lasst…“ 

Die  Öffentlichkeit  erfuhr  nur,  dass  Kaminski  wohl  aus  gesundheitlichen  Gründen  zurückgetreten  war.   In  den  gleichen  Nachrichten  wurde  eine  neue  Gesetzesvorlage  angekündigt.   Hiernach  waren  ab  sofort  Supercardabfragen  nur  noch  mit  der  Erlaubnis  durch  Richter  zulässig.   Wurde  nicht  innerhalb  von  6  Monaten  nach  der Abfrage  von  der  Staatsanwaltschaft  Anklage  erhoben,  musste  dem Abgehörten  die Abhöraktion  mitgeteilt  werden.   Wurde  Anklage  erhoben,  mussten  in  der Anklageschrift  alle  Supercardabfragen  über  die  jeweilige  Person  aufgeführt  werden.            

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