Wahlfreiheit zwischen Suchalgorithmen ist Voraussetzung für den Demokratieerhalt

Such-Plattform-Weiche
In den digitalen Gesellschaften übernehmen zunehmend Algorithmen die Entscheidungen. Wir müssen uns zumindest auf Algorithmen verlassen können, wenn diese Entscheidungen treffen, die wir nicht verstehen. Algorithmen in einer Verkehrsampelschaltung ärgern uns, wenn uns die rote Welle unverständlich ist. Schaden erleiden wir dadurch in der Regel nicht. Aber was, wenn Informationen, die ja allgemein anerkannt die Essenz jeder digitalen Gesellschaft ausmachen, von Algorithmen selektiert, zensiert und sogar gelöscht werden?

Wir brauchen ein politisch verbrieftes Recht der Wahlfreiheit zwischen Suchalgorithmen!

Es wirft einen fragwürdigen Schein auf den Digitalstandort Deutschland, wenn bisher diese Wahlfreiheit nicht berücksichtigt wurde. Schließlich löst bereits ein deutsches Patent aus dem Jahre 1999 diese Aufgabe.

Europäischer Vielfalt steht zunehmend gerankte Masseninformation entgegen. Abhilfe verspricht man sich von Experten, die sich grundsätzlich jeden Algorithmus ansehen. Daraus sollen allgemeingültige Gesetze entwickelt werden. Ob das immer gelingt ist fraglich, wenn die Ergebnisse von künstlicher Intelligenz nicht einmal mehr von den Programmierern vorhergesehen werden können. Wir Bürger haben uns in Corona Zeiten richtig verhalten, weil wir eine Art Schwarm-Instinkt besitzen, der zwischen richtig und falsch unterscheiden kann.

In den Grenzen des gesellschaftlich akzeptierten Rahmens sind wir andererseits Individuen mit unterschiedlichen Vorstellungen über die für uns notwendigen Freiheitsrechte. Es bedarf also eine Wahlfreiheit des Einzelnen, welchen Suchalgorithmus er einsetzen möchte und ein digitales Konzept, welches digitalen demokratischen Grundsätzen genügt, gerade im Bereich Suchmaschinen und Social Media. Auch die Vielfalt der technischen Suchmöglichkeiten kann so sichergestellt werden.

Im Social Utopia Talk 9 zeige ich, wie es funktioniert. Bitte besuchen Sie das folgende Video:

Anders als in den bisherigen Social Utopia Talks spreche ich nicht von – in unserer Realität -noch nicht umgesetzten technischen Konzepten, sondern von weitgehend realisierter Software.
Von 2001 bis 2014 habe ich die citythek.de als älteste deutsche Einkaufsstraßensuchmaschine weiterentwickelt. Die zugrundeliegenden Kategorien wurde durch Analyse der Einkaufsstraßen der 60 größten deutschen Städte und Inhaltsverzeichnisse der Bibliotheken erstellt.
Alleine und ohne (Fremd-)Kapital habe ich einige Millionen deutsche Suchanfragen auf richtige Zuordnung überprüft und die SQL Abfragen des Thesaurus verfeinert. Durchschnittlich 60.000 Unique User haben die citythek.de monatlich besucht. Über Affiliateprogramme waren hinter den Kategorien die Suchen von zirka 500 Shops verbunden. Jedoch machte es keinen Sinn, hierauf ein Geschäftsmodell zu hinterlegen. Die bei 1000 Kategorien sich ergebenden 60 monatlichen Kunden je Kategorie reichten dafür nicht aus.

Als ich 2014 auf Basis dieser Technologie mit dem Social Media Programm getmysense starten wollte, wurde ich so heftig über das Internet attackiert, dass ich aufgeben musste. Hinter getmysense hätte man ein skalierbares Geschäftsmodell legen können, weil über ein Anreizsystem der Finder-Thesaurus für alle Schriftsprachen (zirka 2500) von den Nutzern selbst hätte erstellt werden können.

Einzelnen Demokratie erhaltende Pilotprojekte bergen das Risiko, von Lobbyisten unterbunden oder durch Internetangriffe ausgeschaltet zu werden. Alternativ treibe ich derzeit die Gründung von www.gisad.eu voran, um einen Open Source Standard zu definieren, auf dem verschiedenste Startups und Projektideen aufsetzen können. Kein Datenverwerter wird riskieren, mehrere Projekte gleichzeitig anzugreifen. Das wäre selbst für die verschlafene deutsche Bundesregierung zu auffällig.

Diese Social-Media und Suchmaschinen-Infrastruktur setzt optimaler Weise auf der von mir geforderten Bürgerrechts-Infrastruktur auf. Soweit irgend möglich, sollte die Grundstruktur ohne komplexe Algorithmen und künstliche Intelligenz auskommen.

Würden die Nutzer weiter nur eine Suchmaschine in allen Kategorien auswählen, so wären die Suchergebnisse ähnlich denen heute. Doch selbst dann hätte der Gesetzgeber zumindest sichergestellt, dass andere Anbieter versuchen könnten, hinter der Plattform-Algorithmen-Weiche durch bessere Suchergebnisse in einzelnen Kategorien Nutzer für sich zu gewinnen. Auch ein Sprachassistent ließe sich auf Basis der hier vorgestellten Technologie erstellen.

Einer Monopolbildung würde der Gesetzgeber mit einem Recht auf Wahlfreiheit zwischen Suchalgorithmen ohne Verbote oder das Zerschlagen von Global Playern entschieden entgegentreten können.

Digitalisierung verschlafen? Corona-Tracking-App ist maximal ein erster Schritt!

Derzeit wird eine Bluetooth App als demokratische Antwort auf die aus epidemiologischer Sicht sehr effektiven Totalüberwachungsmaßnahmen Chinas gesehen. Als guter Ansatz kann gelten, nicht Standortdaten, sondern anonymisiert Kontakte mit anderen Bluetooth Geräten zu erfassen. Wie von mir schon 2017 vorgeschlagen, wird hier mit wechselnden IDs gearbeitet.
Wird eine Person positiv getestet, werden über einen zentralen Server ohne Kenntnis von personenbezogenen Daten alle Kontakte, die diese App installiert haben, zur Quarantäne aufgefordert.
Tatsächlich geht es hier nicht nur um Menschenleben, sondern auch um einen Wettbewerb totalitärer Ideologien mit demokratischen Konzepten. Vieles spricht dafür, dass die bisherigen Ideen nicht reichen, um in der Corona-Krise Demokratien als Gewinner dastehen zu lassen.

  • Wir haben in Deutschland ein sehr gut funktionierendes Konzept der regionalen Pandemiebekämpfung unter Einbeziehung der Gesundheitsämter. Warum muss die Meldung der App über einen zentralen Server erfolgen? Der zentrale Server birgt die Gefahr, dass durch den Abgleich mit Bewegungsdaten aus anderen Quellen und das Verarbeiten großer Datenmengen mittels KI eine Personalisierung zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt werden kann. Demokratie erhaltende Tools benötigen als Grundlage eine wie von mir vorgestellte dezentralisierte Infrastruktur zur Daseinsvorsorge.
  • Das Prinzip der Freiwilligkeit hört sich erst einmal gut an, funktioniert aber bei Einsatz digitaler Technologien nicht. So werden wir ständig im Rahmen des DSGVO gefragt, ob wir in die eine oder andere Bedingung einwilligen. Ein Student, der auf einem Portal dringend Informationen benötigt, hat keine Alternative, als in Geschäftsbedingungen auf Bürgerrechte wie seine Privatsphäre zu verzichten. Es ist zu erwarten, dass die Regierung, wenn eine freiwillige App-Nutzung nicht funktioniert, einen Zwang einführen wird und so wertvolle Zeit und Menschenleben verloren hat. Außerdem haben in der Vergangenheit fast alle freiwilligen deutschen Projekte, wie zum Beispiel die De-Mail, über Jahre nicht die benötigte kritische Masse erreicht. Aktuell reicht eine Fahrt durch die Stadt, um zu sehen, dass verantwortungsvolle Bürger sich bereits weitgehend schützen. Die das Virus verbreitende Gruppe sind diejenigen, die sich nicht um bestehende Kontaktverbote kümmern. Sie werden auch keine Notwendigkeit sehen, die App zu installieren. Uns muss klar sein, dass der Demokratie eine sehr harte Bewährungsprobe bevorsteht, weil die Politik die Einführung einer in der Digitalisierung Demokratie erhaltenden Infrastruktur verschlafen hat. So habe ich bereits vor Jahren vorgeschlagen, jedem Bürger eine WAN anonyme Infrastruktur zu Verfügung zu stellen, die er im Normalfall freiwillig benutzen kann. In einer Pandemiesituation wäre eine solche Infrastruktur installiert und könnte sofort für eine Bluetooth-Annäherung per Infektionsschutzgesetz bei allen verpflichtend aktiviert werden.
  • Wenn mehr als zwei Personen in der analogen Welt trotz Kontaktverbot beim Zusammenstehen erwischt werden, erhalten sie ein Bußgeld. Das ist akzeptiert und mit dem Grundgesetz vereinbar, denn: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt ….“(Artikel 2 (1)). Es geht also nicht darum, dass unsere Politiker uns jetzt zeigen, dass sie netter sind als Diktatoren – zumindest auf den ersten Blick. Ein hartes Durchgriffsrecht gegen den Einzelnen, der die Rechte anderer verletzt und hier geht es immerhin um Menschenleben, ist durchaus Aufgabe einer demokratischen Regierung. Insofern muss die vorgestellte App die Notlösung einer Soforthilfe darstellen. Die Politik muss gleichzeitig kommunizieren, dass sie an einer Infrastrukturlösung arbeitet, welche im Normalfall die Bürgerrechte sichert, im Einzelfall aber hart im Interesse der Allgemeinheit durchgreifen kann.
  • Wie das genau funktionieren kann, sehen Sie im 4. Social Utopia Talk:

Beschleunigt die Pandemie disruptiv die Veränderung unserer Welt?

Es scheint so, als ob durch die aktuellen Notmaßnahmen die Entwicklung unserer Gesellschaft zum Erliegen käme. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. So schnell, wie das Coronavirus sich verbreitet, verändert es gerade demokratische Gesellschaften.
Ob die Auswirkungen positiv oder negativ für unsere Zukunft sind, hängt davon ab, wie schnell die Politik neue Risiken und Chancen begreift und wie entschieden sie auf ihre Erkenntnisse reagiert.

Seit vielen Jahren stagnieren die weltweiten Verhandlungen zur Reduzierung des CO² Ausstoßes. Das Virus hat Verhaltensänderungen im Verkehr erst einmal innerhalb von wenigen Tagen erreicht. Unerwartet ist in Europa der Individualverkehr auf niedrigem Niveau wieder angesagt. In öffentlichen Verkehrsmitteln hingegen kann man sich vor dem Virus nicht wirkungsvoll schützen. Auch das Herunterfahren der Wirtschaft hat positive Nebeneffekte. Der nunmehr blaue Himmel über Hubei zeigt auf Satellitenbildern den deutlichen Unterschied zu der vorherigen starken Verschmutzung.

War Europa noch vor einer Woche gekennzeichnet durch Politikverdrossenheit, so können sich jetzt Politiker als Krisenmanager bewähren. Im Stundentakt werden neue Maßnahmen verkündet. Andererseits bleibt den demokratischen Politikern gar nichts anderes übrig, als in dieser nicht vorhersehbaren Krise auf die Einsicht der Bürger zu vertrauen. Soviel Verantwortung und Selbstbestimmtheit hatten die Bürger lange nicht. Die demokratischen Strukturen funktionieren wieder. Alle ziehen am gleichen Strang. Die kollektive Einsicht in Einschränkungen ist da. Doch leider ist zu befürchten, dass dieser „positive“ Zusammenhalt nicht von langer Dauer sein wird.

Schon in wenigen Wochen wird man sich fragen, wieso ein kleines Land wie Italien schon am 17.3.2020 über ein Drittel so viele Infizierte hatte, wie China und mehr als die zwei Drittel der Toten eines Landes mit über einer Milliarde Einwohner. Spätestens, wenn es bei uns die ersten Toten gibt, weil freie Intensivbetten fehlen, wird die Stimmung kippen. China steht schon jetzt als Krisengewinner fest. Der Erfolg rechtfertigt das harte totalitäre Durchgreifen. Es wäre nicht das erste Mal, dass China Informationen unterdrückt oder zumindest Zahlen schönt. Aber auch wenn die positiven Zahlen aus China nicht ganz stimmen, so ist zumindest plausibel, dass ein hartes schnelles Durchgreifen, wie es westliche Bürgerrechte es nicht zulassen, geeignet ist, die Pandemie wirkungsvoll einzudämmen. China wird alles daransetzen, über diese erfolgreichen Maßnahmen seine totalitäre Ideologie anderen Ländern mit Hilfe des Expansionskonzepts der Seidenstraße überzustülpen.

Südkorea hat als demokratisches Land ebenfalls große Erfolge erzielt. Hier wurde konsequent auf digitale Überwachung und Transparenz von Gebieten und Personengruppen, die infiziert sind gesetzt. Auch die Einhaltung von Quarantänezeiten wird über eine App überwacht. Eine Einschränkung der Bürgerrechte, die bisher noch aus Datenschutzgründen in Deutschland abgelehnt wird.

Die Pandemie ist zum globalen Phänomen geworden. Es werden sich in der Wirtschaft global die Player behaupten, welche besonders schnell passende Produkte für die veränderten Anforderungen auf den Markt werfen. Stand bis letzte Woche noch der schnelle 5G Ausbau für ein Internet der Dinge in Deutschland im Vordergrund, ist es heute eine möglichst effektive Streaming-Software, die das Internet bei den durch Homeoffice stark zunehmenden Daten intensiven Videokonferenzen nicht zusammenbrechen lässt.

Man benötigt keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorauszusagen, dass die Datenverwertungs- und Überwachungsindustrie jetzt versuchen wird, die Situation zu ihren Gunsten zu nutzen. Lobbyisten werden der Politik einreden, dass Vertrauen eben nicht reicht, um die Pandemie einzudämmen. Die Politik wird sich diesen Forderungen beugen, wenn es nicht gerade jetzt eine Gegenbewegung aus Politikern und Bürgern gibt, die sich mit dem, was nötig ist, um die Demokratie in der digitalen Gesellschaft zu erhalten, beschäftigen.

Tatsächlich benötigen wir möglichst schnell digitale Systeme, um die anonyme soziale Kontrolle des vordigitalen Zeitalters auf die digitale Gesellschaft zu übertragen. Die in Südkorea erfolgreichen digitalen Maßnahmen könnten auch bei uns im Einklang mit unseren Datenschutzregeln umgesetzt werden, wenn wir über eine entsprechende digitale Infrastruktur verfügen würden.
Denn das Coronavirus zeigt die Anfälligkeit einer global vernetzten Welt, in der Lieferketten extrem voneinander abhängig sind und skalierbare Geschäftsmodelle in gleicher Weise skalierbare Risiken mit sich bringen. Wir müssen nicht nur Abwehrkräfte gegen das Coronavirus entwickeln. Genauso wichtig ist es jetzt die Stärkung von Abwehrkräften gegen die Aufgabe der Demokratie und Bürgerrechten.

Mit der Gesamtsumme aller über ihn gespeicherten digitalen Profile nimmt ein Mensch an der digitalen Gesellschaft teil. Sie werden ein immer wichtiger Teil jedes Menschen.
Tatsächlich kann man die Schutzmaßnahmen gegen den Virus auf den Schutz der eigenen digitalen Repräsentanz übertragen. Das Spyvirus vor dem man sich schützen muss, ermöglicht den ungewollten Gebrauch/Missbrauch der eigenen Profile. Im Gegensatz zum Coronavirus ist es derzeit digital nicht möglich, sich wirkungsvoll gegen das Spyvirus zu schützen. Will man nicht infiziert werden, bleibt nur der Verzicht auf die Teilnahme an der digitalen Gesellschaft. Das ist etwa so, wie wenn man darauf verzichten würde, Lebensmittel einzukaufen, um sich gegen das Coronavirus zu schützen. Abhilfe wäre durch eine digitale Infrastruktur möglich, in der man sich bewegen könnte, ohne personenbezogene Daten überhaupt im Internet speichern zu müssen.

Die Infektionszeit des Coronavirus beträgt 14 Tage. Die Infektionszeit des Spyvirus ist unbegrenzt. Einmal mit persönlichen Daten verknüpfte Informationen bekommt man auch dann nicht mehr aus dem Internet, wenn sie bereits vor vielen Jahren gespeichert wurden. Ohne eine geeignete anonyme Infrastruktur haben wir keine Möglichkeit, uns vor dem Spyvirus zu schützen. Jeder Datensatz, den wir heute ins Internet stellen, entwickelt seine Wirkung auf eine unbegrenzte Zukunft und hat möglicherweise noch Auswirkungen auf unsere Kinder.

Das Cononavirus zwingt die Politik jetzt in kürzester Zeit zur Entscheidung, ob sie die Demokratie erhaltenden will. Die Wirtschaft steht vor einem Neustart. Funktionierende, Demokratie erhaltende Produkte und Infrastrukturen würden die deutsche Wirtschaft aus der Abhängigkeit zu China lösen und könnten zum deutschen Exportschlager werden. Doch ohne ein Signal aus der Politik und das schnelle Forcieren entsprechender Entwicklungen werden sich die Datenverwerter zu Lasten der Bürgerrechte durchsetzen.

Ich fordere deshalb ein sofortiges Investitionsprogramm in Milliardenhöhe zur Entwicklung Demokratie erhaltender digitaler Infrastrukturen.

Update vom 18.3.2020. Alle, die meinen Beitrag für Alarmismus halten, sollten lesen, wie Österreich schon mit ersten Schritten in die Umsetzung geht, siehe https://netzpolitik.org/2020/zeig-mir-deinen-standort-und-ich-sage-dir-ob-du-vielleicht-krank-bist/

Compliance als Demokratie-Zerstörer?


Was ist nur in mich gefahren, auf die Compliance einzudreschen. Ist doch gerade die Compliance der Teil, der sich mit aller Kraft dafür einsetzt, ethische Regeln im Unternehmen durchzusetzen.

Doch hier entsteht gerade global für die Demokratien eine neue Herausforderung. Ethische Regeln werden bei globalen Unternehmen zu einem kleinsten gemeinsamen Nenner entwickelt. Die Ergebnisse der Compliance dürfen nicht im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens liegen. Jeder Compliance-Manager weiß, wie schwer es ist, sich mit einer guten Lösung gegen den Vorstand zu behaupten. Der muss seinen Shareholdern ständig wachsende Umsätze und Gewinne präsentieren.
Berücksichtigt man, dass wir in Deutschland viele Hidden Champions haben, also große Unternehmen, die unbekannt sind, weil sie nicht den Endkunden beliefern, sondern Zulieferer einzelner Bauteile sind, dann wird besonders in Deutschland die Abhängigkeit von der globalen Entwicklung und somit von globalen Regeln deutlich.
Die Compliance gerät deshalb in die Gefahr, zum Demokratiezerstörer zu werden, weil seit 2020 durch Einführung des Social Credit Systems bei internationalen Unternehmen neue Spielregeln entstehen.

Halt, das betrifft doch nur das weit entfernte China. Nein, eben durch die Compliance wird es auch unmittelbar uns in Deutschland betreffen. Das Social Credit System bewertet nicht nur wie die Compliance das Verhalten von Mitarbeitern im Unternehmen. Es bewertet auch das Verhalten in der Freizeit. Die Compliance ist bisher auch dafür da, um Fehlverhalten vertraulich innerhalb des Unternehmens zu regeln. Das Social Credit System ist öffentlich und es berücksichtigt auch die Beziehungen aller Akteure untereinander.

Konkretes Beispiel: Ich schreibe heute diesen Artikel. In 5 Jahren ist er immer noch im Internet veröffentlicht. Mein Enkel erhält dann bei einem deutschen Hidden Champion keine Praktikumsstelle. Dieses Beispiel ist fiktiv, weil ich keinen Enkel habe. Nicht fiktiv ist, dass ich eigentlich heute schon diesen Artikel nicht mehr schreiben dürfte, weil er wahrscheinlich irgendwann in der Zukunft, wenn auch nur als kleiner Teil eines Rankings einem Verwandten von mir schaden wird. Nur weil ich hoffe, dass Politik und Gesellschaft noch im letzten Moment – nämlich genau jetzt -aufwachen, traue ich mich noch, etwas zu schreiben. Wenn sie nicht aufwachen und danach sieht es bisher leider aus, wird unsere Zukunft totalitärer als totalitär werden. Um Schaden vom Unternehmen abzuhalten werden die Compliance-Abteilungen sich Software anschaffen, die eine Einstufung durch das Social Credit System mit ähnlichen Daten und Algorithmen möglichst schon vor China simulieren. Auch sie werden dafür alle ihnen zur Verfügung stehenden Daten benutzen.
Ich muss mir jetzt schon genau überlegen, ob ich noch rechtfertigen kann, öffentlich eine Meinung zu äußern, wenn dadurch meinen ganzen Nachfahren in Sippenhaft genommen werden können.
Aber wir haben doch einen Rechtsstaat? Wir haben doch die Verfassung? Dann spielen wir es doch einmal durch. Mein Beitrag ist weltweit öffentlich und wird von automatischen Algorithmen erfasst und bewertet. China strebt mit der Seidenstraße die Weltherrschaft an. Also werden im chinesischen Social Credit System alle weltweit öffentlich verfügbaren Informationen verwertet. Ebenfalls öffentlich sind über Social Media Portale Verwandtschaftsgrade nachvollziehbar. Darüber hinaus verfügt China auch über viele andere Quellen wie durch den Ankauf gehackter Daten. Alle diese Daten fließen in das Social Credit System und das Rating aller mit mir in Beruf, Politik und Privatleben vernetzten Personen ein. Nun stellen Sie sich einmal meinen Enkel vor, der vor einem Gericht forensisch verwertbare Beweise vorlegen soll, warum er die Praktikumsstelle nicht erhalten hat!? Auch andere Unternehmen greifen auf die gleichen Daten zu und weisen ihn ab. Ohne Praktikum kann er sein Studium nicht abschließen…

Seit vielen Jahren warne ich die Politik vor diesen Gefahren. Passiert ist wenig. Jetzt besteht der dringende politische Handlungsbedarf, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um den Einfluss von Social Scoring Werten in Deutschland zu verhindern. Neue Gesetze werden hierfür nicht ausreichen.
Eine Maßnahme mit Priorität ist das staatliche Garantieren einer technischen Infrastruktur, die in einer zunehmend digitalen Gesellschaft verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte zur Selbstentfaltung, sowie die Privatsphäre sicherstellt. Nur so können demokratische Diskussionen ohne Angst vor Repressalien in einem geschützten Raum stattfinden.
Wenn die Compliance-Manager nicht zu Gehilfen totalitärer Staaten gemacht werden sollen, muss für in Deutschland / Europa tätige Firmen ein neuer Verhaltenskodex geschaffen werden. Auf Geschäfte mit China zu verzichten, wird wahrscheinlich nicht die Lösung sein. Wichtig sind Vereinbarungen, welche ein Ausspielen europäischer Wettbewerber gegeneinander durch China über den Social Credit Wert verhindern.

Ein Chefredakteur würde mir übrigens raten, diesen Artikel nicht jetzt zu veröffentlichen, wo die Öffentlichkeit mit dem Coronavirus beschäftigt ist. Aber kommt dieses Virus nicht für das Social Credit System gerade recht. Kann es hier seine Stärke zeigen? Wie wirkt es sich auf das Rating aus, wenn jemand sich ansteckt, weil er anderen hilft?

Antwort an Rezo zu: „Zerstörung der CDU“


Über 15 Millionen haben inzwischen das Video von Rezo gesehen, siehe https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ&t=6s.
Wie viele daraufhin bei den Europawahlen nicht die CDU sondern die Grünen gewählt haben, ist nicht präzise bekannt. Tatsache ist jedoch, dass Rezo eine Stimmung breiter Bevölkerungsschichten getroffen hat. Auch hat Rezo die Dinge so einfach erklärt, dass auch diejenigen, die sich für Klimaerwärmung und Kriege nicht interessieren, 50 Minuten lang zugehört haben. Das ist unbestritten eine Leistung.
Aber ist das, was er sagt, inhaltlich neu?
Hat Rezo die Krankheit identifiziert, oder nur die allseits bekannten Symptome beschrieben?
Nach meiner Meinung geht Rezo wie die meisten Bürger von falschen Annahmen aus.

Ich kenne viele Leute, die fliegen munter weiter durch die Welt und erwarten, dass der Staat das mit dem Klima richtet. Zum ersten Mal haben sie dafür die Grünen gewählt. Die Grünen können die an sie gerichteten Erwartungen nicht erfüllen. Denn, was sie richten könnten, schreibt sich in alter Manier jetzt schnell die Groko auf die Fahne.
Ein Beispiel:
Ölheizung-Abfrackprämie? Dazu ganz persönlich: Das sind kurzfristige Effekte für die Heizungsbauer, aber keine nachhaltigen Überlegungen. Ich selbst habe schon sehr viel an meinem Haus optimiert. Eine PV Anlage auf dem Dach und eine ausgeklügelte Regeltechnik selbst entwickelt. Ich kaufe mir doch nicht eine neue Heizung, wenn die neue auch erst CO² intensiv gebaut werden muss. Wieviel CO² kostet die Herstellung? Wo wird das ausgewiesen? 2025 kann Bosch mir mit aus der Luft gewonnenem Kohlenstoff mein Öl CO² neutral liefern. Behaupten die zumindest siehe https://www.bosch.com/de/stories/synthetische-kraftstoffe/. Ist es da nicht nachhaltiger, die relativ neue Heizung zu behalten? Heute bin ich für über ein Jahr autark. Soll ich mich mit Gas noch abhängiger von einer Politik machen, die jetzt schon nicht mehr kalkulierbar ist?
Ich habe einen Etat. In meinem Fall immerhin 20.000,- €, als Kredit natürlich. Damit möchte ich die höchste CO² Reduzierung in meinem Haus erreichen. Innerhalb von 20 Jahren soll sich die Investition amortisieren. Dafür brauche ich eine Garantie zu den konkreten Effekten bei mir im Haus. Ich meine, die Handwerker sollten gutes Geld verdienen, nachdem diese Effekte bei mir erreicht wurden und nicht deshalb, weil sie irgendwelche Produkte gut verkaufen können. Auf den Prospekten stehen im Labor getestete Werte. Ob zum Beispiel eine Sole-Wärmepumpe die Heiztemperatur liefert, damit es mit bestehenden Heizkörpern bei mir im Haus auch warm wird, ist fraglich. Zu einem solchen Konzept werde ich auch von den Grünen keine Antwort bekommen.
Wir brauchen ein Konzept zur Technologie offenen Planung und Messung von Energieeffizienz für Hausbesitzer. Jeder muss die Ergebnisse verstehen und mit entsprechenden Anreizsystemen bei sich umsetzen können. Bei den niedrigen Zinsen machen wir Bürger das dann schon.

Nein, die Politiker tun genau das, was von ihnen erwartet wird. Wenn jede Minute ein ShitStorm losbrechen kann, dann tun die Politiker nichts mehr. Wenn die Wähler sich immer mehr von Tagesinformationsfetzen bestimmen lassen, gibt es auch bei den Politikern nur noch Tagesrichtungen oder besser, gar keine Richtung mehr. Es ist also gar nicht mehr wichtig, ob ein Politiker inhaltlich Ahnung von dem hat, was es sagt. Es ist wichtiger, dass er die richtigen Antennen für Stimmungen hat.

Warum ist das denn so.
Da kommen wir zur nächsten falschen Annahme.

Ich möchte heute kein Politiker sein. Die bekommen von allen Seiten Druck. Reiflich überlegt von Lobbyisten. Die haben immerhin meist noch eine Meinung. Und dann einen nicht kalkulierbaren Druck von einer manipulierten Masse.
Wir Bürger haben einen Krieg verloren, sitzen in einem besetzten Land und merken es nicht mal. Die Doku bei Netflix über Cambridge Analytica deckt es auf. Das Militär einwickelt Waffen. Die setzt es erst gegen seine Feinde ein. Dann werden die Waffen gegen uns gerichtet. Mikrotargeting nennt sich das. Ja richtig, vom Militär als Waffe eingestuft! Über jeden gibt es mindesten 5000 Datenpunkte. Die würfelt die Künstliche Intelligenz solange durcheinander, bis sie genau die Schwachstelle des Einzelnen kennt. Da greift sie an. Dann kommt dabei heraus: der Trump, der Brexit, die AFD, die allgemeine Verunsicherung. Wie an so etwas die gesamte demokratische Kultur zugrunde gehen kann, schreibe ich gerade in meinem neuen Buch „Social Utopia“.
Inzwischen gibt es immer mehr, die meinen, das chinesische Social Credit System hinnehmen zu müssen, damit es mit der Umwelt noch klappt. Hallo, habt ihr Bürger den Schuss nicht gehört? Wir müssen die Demokratie fitt machen für das digitale Zeitalter, sonst wird das mit der Menschheit nichts mehr.

Sowohl das Ding mit der Umwelt, als auch das Ding mit der Demokratie wird nur noch funktionieren, wenn die Bürger sich von unten nach oben organisieren!
Fordert Tools zur Bürgerbeteiligung. Denkt liebe einmal nach, als im Sekundentakt ein Lebenszeichen in den Sozialen Medien von euch zu geben. Sucht Expertengespräche. Überlegt, was ihr selbst besser machen könnt und fordert, was ihr dafür braucht. Geht gegen jegliche Überwachung an. Mehr Überwachung ist nichts anderes als unsere endgültige Entmündigung.
Natürlich können Politiker nicht jedem einzelnen zuhören. Dafür brauchen wir ein digitales Konzept. Jeder muss anonym ohne ständige Beeinflussung durch Mikrotargeting seine Meinung sagen dürfen. Niemand sollte dafür eine Shitstorm fürchten müssen. Digitale Technik darf nicht Waffe sondern muss Hilfe für die Bürger werden. Digital können die Meinungen aller verdichtet und für die Politiker aufgearbeitet werden.
Ihr werdet sehen, die Politiker sind froh und werden auf euch hören, wenn sie sich auf euch verlassen können. Aber bitte, verlasst eure Komfortzone. Es kommt auf jeden einzelnen an.

Was würdet Ihr von einem Chef denken, der jeden Tag seine Meinung ändert? Seine Mitarbeiter beschimpft? Oder noch schlimmer: Der sich nicht mehr aus seiner Komfortzone begibt und sich dann, wenn es brenzlig wird, einfach nicht mehr blicken lässt? Ihr würdet kündigen! Habe ich Recht? Genau das machen die Politiker gerade.
Denn die Politiker sind die Angestellten der Wähler. Wir sind die Chefs, die uns ändern müssen.

Bürger, übernehmt endlich wieder Verantwortung! Denn in einem hat Rezo Recht. Wir haben keine Zeit mehr. Veränderungen müssen schnell gehen, dass geht nur, wenn wir Bürger als Chefs endlich Verantwortung übernehmen.

Die Demokratie-Zerstörer

18,9 Prozent haben die Regierungsparteien bei der Europawahl an Stimmen verloren. Von erdrutschartigen Verlusten war die Rede. Doch so, als sei nichts geschehen, wird eifrig weiter am IT Sicherheitsgesetz 2.0 gebaut. Die Aufgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) sollen massiv erweitert werden. Digitalstrategie bedeutet aus Sicht der Groko, die Durchgriffsmöglichkeiten durch Überwachung weiter auszubauen. Im Ergebnis werden damit die Bürgerrechte massiv beschnitten.

  • Es ist zu hinterfragen, ob von ihrer Struktur her im Sinne einer Gewaltenteilung das BSI als Behörde Aufgaben zur Erfüllung der Bürgerrechte übernehmen sollte. Das BSI hat bisher die Sicherheit der Verwaltung und der kritischen Infrastrukturen verantwortet. Bürgerrechte stehen den aus den bisherigen Aufgaben abzuleitenden Überwachungsansprüchen gegenüber. Besser geeignet wäre eine Institution, die sich unabhängig um die Bürgersicht kümmern würde. Der Überwachung der datenrechtskonformen Verwertung von Daten für Unternehmen oder Behörden müsste ein durchsetzungsfähiger Gegenspieler für die Kontrolle der Einhaltung der Bürgerrechte auf Selbstbestimmtheit, Privatheit und Informiertheit gegenübergesetzt werden.
  • Die derzeitigen Meldepflichten von Unternehmen über Cyberattacken dienen möglicherweise zu einer besseren Bewertung der Allgemeinlage durch das BSI. Sie lassen jedoch den Bürger außen vor, weil Vorfälle nicht konsequent gegenüber der Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Konkret müssten statistisch nicht nur Cyberattacken erfasst werden. Viel wichtiger wäre eine ehrliche Analyse, wie viele gesellschaftlich strukturrelevante Projekte in Deutschland durch Manipulationen bereits behindert werden. Nur bei völliger Transparenz der Situation ist der Wähler überhaupt in der Lage, sich ein Urteil zu bilden. Die derzeitige Regierung setzt sich dem Verdacht aus, eine selbstverschuldete Situation in Deutschland, in der Demokratie in der digitalen Gesellschaft nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, konsequent verschleiern zu wollen.
  • So stiehlt sie sich auch aus ihrer Verantwortung, durch geeignete Infrastrukturmaßnahmen für die Daseinsvorsorge den rechtsfreien Raum Internet aufzulösen. Es wundert nicht, wenn Reporter ohne Grenzen gegen die geplante Kriminalisierung von Tor-Servern protestieren, siehe https://netzpolitik.org/2019/reporter-ohne-grenzen-protestiert-gegen-geplante-kriminalisierung-von-tor-servern/. Tatsächlich ist bedenklich, wenn Gesetze so geöffnet werden, dass hierdurch das Grundrecht auf Anonymität aufgehoben werden kann. Ich selbst bin kein Vertreter des Tor-Netzwerks. Auch sehe ich in meinem Alltag keine Notwendigkeit, es zu nutzen. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch legitim, wenn der Staat im Einzelfall und nach richterlicher Prüfung, und nur dann, die Anonymität eines Verdächtigen aufheben darf. Aus meiner Sicht gehören personenbezogene Daten jedoch überhaupt nicht ins Internet. Der Strafverfolgung ist genüge getan, wenn in diesem Einzelfall bei Einschaltung eines Rechtsanwalts dezentral gespeicherte Verlaufsdaten eines Verdächtigen zur Verfügung gestellt werden. Der Verdächtigte muss nach Abschluss einer Untersuchung von der Überwachung in Kenntnis gesetzt werden. Es ist Aufgabe des Staates, eine Infrastruktur für diejenigen sicherzustellen, die auf ihre Bürgerrechte Wert legen. Wie so etwas technisch realisierbar wäre, habe ich in meinen Büchern beschrieben. Einen Diskussionsbedarf beim BSI zu diesem Thema gibt es nicht. Eine entsprechende Absage liegt mir vor.
  • Zusammenfassend wird die Groko zum Demokratie-Zerstörer, weil sie aktiv der Gewaltenteilung, den Grundrechten und den demokratischen Strukturen in der digitalen Gesellschaft entgegenwirkt, ohne mit diesen Maßnahmen den Schutz für die Bürger erhöhen zu können.

    Politiker-Leaks: Behördenfehler oder Systemversagen?

    Liebe Leser,
    das Jahr 2019 ist gerade einmal vier Tage alt, da bahnt sich ein neuer Datenskandal an. Ein 20 jähriger Schüler hat sich die Mühe gemacht, von rund 1.000 Politiker, Prominenten und Journalisten Informationen zusammenzutragen, die im Internet zu finden waren. Teilweise nutzte er mehrere Sicherheitslücken. Teilweise waren die Daten öffentlich zugänglich.

    Innenminister Horst Seehofer regte sich am 4.1. darüber auf, vom BSI nicht über das wohl schon seit Wochen bestehende Datenleck informiert worden zu sein. Aber ist das BSI überhaupt zuständig? Gemäß Stellungnahme des BSI kann es: „Für die Absicherung parteilicher oder privater Kommunikation von Mandatsträgern nur beratend und auf Anfrage unterstützend tätig werden.“, siehe https://www.bsi.bund.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Presse2019/Update_Unbefugte_Veroeffentlichung_persoenlicher_Daten_und_Dokumente_050119.html.
    Die Absicherung der Bürger mit geeigneten Infrastrukturmaßnahmen fällt nicht in die Zuständigkeit des BSI. Sehr wohl aber ist es Aufgabe des Innenministers. Hier könnte von einem jahrelangen Systemversagen gesprochen werden, wenn denn überhaupt der Bürger im Fokus der Entwicklung von Schutzsystemen liegen würde.

    Tatsächlich gibt es kein Versagen von Behörden, sondern der Regierung fällt nun ihre Vernachlässigung der Entwicklung eines digitalen Schutzkonzepts für ihre Bürger auf die Füße. Gesichert werden kritische Infrastrukturen, Behörden und Unternehmen. Seit Jahren wird sträflich vernachlässigt, dass hochsichere Teilprozesse ohne Wirkung bleiben, wenn das schwächste Glied in der Kette, der Bürger, nicht gesichert ist. Jeder General, Vorstand oder Politiker ist auch Privatperson und hat Freunde und Familie als Sicherheitsrisiko.

    Lassen Sie mich dieses abstrakte, komplexe Ding mit der IT-Security einmal auf ein einfaches Beispiel herunter brechen.
    Stellen Sie sich vor, Sie sind auf Grund eines Erdbebens gezwungen, eine Notunterkunft in Anspruch zu nehmen. Üblicherweise handelt es sich hierbei um eine Turnhalle, in der viele Betten stehen. Sie haben Glück im Unglück, denn in ihrer Notunterkunft sind die einzelnen Bereiche für ein bisschen Privatsphäre durch Leintücher voneinander getrennt. Nachdem Sie ausgepackt haben, gehen Sie zur Essensausgabe. Als Sie zurückkommen, müssen Sie feststellen, dass alles von Wert gestohlen wurde. Entrüstet gehen Sie zur Hallenaufsicht und beschweren sich. Der Verantwortliche schüttelt müde den Kopf und fragt: „Haben Sie denn ihren Bereich nicht abgeschlossen?“

    Seit Jahren wird den Bürgern die Schuld für das Politversagen in die Schuhe geschoben: „Warum haben Sie nicht PGP verschlüsselt? Haben Sie denn keine zwanzigstelligen Passwörter benutzt? Wie, Sie öffnen Anhänge von E-Mails?“
    Tatsächlich habe ich über die Jahre nie von einem Kommunikationspartner die Aufforderung erhalten, PGP zu verschlüsseln, nicht einmal bei vertraulicher Korrespondenz. Andererseits wurden schon Geschäftsbeziehungen mit mir abgebrochen, bei denen ich auf PGP Verschlüsselung bestanden habe. Auch habe ich kein photographisches Gedächtnis für Passwörter.

    Das alles ist jedoch gar nicht nötig, wenn man jedem Bürger die Hoheit über seine Daten in einer vom Staat bereitgestellten Infrastruktur sichert. Personenbezogene Daten gehören nach meiner Meinung überhaupt nicht in den Internetzugriff und sollten schon gar nicht auf zentralen Plattformen gespeichert werden. Es geht darum, endlich auch in der digitalen Welt Zimmer mit robusten Wänden und Türen zu bauen. Die Kosten für jeden Bürger hierfür belaufen sich auf einmalig zirka 30,- Euro.
    Allerdings funktioniert ein solches System nur, wenn auch alle Bürger ihr Recht auf Privatheit schätzen und über eine solche Infrastruktur zu erreichen sind. Die Refinanzierung der Infrastruktur wäre innerhalb weniger Jahre möglich. Die Kompatibilität zu den bisherigen Internetangeboten wäre sichergestellt.

    Selbst die Bekanntgabe von Telefonnummern ist nach dem Stand der Technik überholt. Bereits heute kann ich in meiner virtuellen Telefonanlage jederzeit meine Telefonnummer wechseln. Was fehlt, ist ein System, über welches ich über meine neue Telefonnummer gefunden werde. Idealerweise werden die Telefonnummern dafür gar nicht mehr angezeigt. Ich muss nur in einer sicheren Suche eingeben, was oder wen ich suche.
    Je Veröffentlichung eines Betrags kann der Urheber in der Trusted WEB 4.0 Infrastruktur einstellen, ob er zum Thema des jeweiligen Beitrags erreichbar sein will. Die Erreichbarkeit, kann er auf Datenaustausch über einen verschlüsselten Manager oder Telefonanrufe einschränken.
    Als Ergebnis findet man die von jedem Urheber selbst eingestellten, verwalteten Daten, die er alleine auch wieder löschen kann. Trotz Anonymität ist im Einzelfall und nach richterlicher Verfügung die Strafverfolgung sichergestellt. Selbst digitale Neulinge können ein solches einfaches System bedienen. Die Verschlüsselung geht automatisch im Hintergrund, Passwörter und Telefonnummern muss man sich nicht mehr merken. Das Speichern ist für die hohe Verfügbarkeit und Datenintegrität in jeder Cloud möglich. Eine Suche über Spracheingabe kann ebenfalls realisiert werden. Die vielfältigen unterschiedlichen Navigationsoberflächen der Apps könnten langfristig ebenfalls weitgehend durch die Suchnavigation ersetzt werden.

    Ein weiteres bisher nicht von der Politik bewältigtes Problem ist die fehlende soziale Kontrolle im Internet. Wenn jemand in unserer physischen Welt bei uns einbricht, merken wir es schnell. Institutionen, wie die Polizei helfen uns bei der Verbrechensbekämpfung. Auf unseren Straßen hält sich grobes Fehlverhalten in Grenzen, weil dieses in der Öffentlichkeit schnell gemeldet und sanktioniert wird.
    Allein aufgrund der täglich eingestellten Datenmenge, gibt es in der digitalen Welt keine funktionierenden öffentlichen Sanktionen. Das aktuelle Politiker-Leak ist nichts anderes als eine realistische Bestandsaufnahme. Niemand weiß mehr, was über ihn im Web verbreitet wird.
    Auch hierzu habe ich eine Lösung geschaffen, bei der ich nicht nur eine mit der vordigitalen Welt vergleichbare soziale Kontrolle einführe, sondern gerade den heutigen Verlierern der Digitalisierung eine Chance zur Integration in eine demokratische digitale Gesellschaft biete.

    Die vollautomatischen Indizierungen und Analysen von Suchmaschinen und Social Media Programmen kommen an ihre Grenzen. Durch einen ausgewogenen Einsatz von künstlicher Intelligenz mit menschlicher Bewertung und Kontrolle werden heutige Manipulationen der Internets verringert und eine soziale Kontrolle für die digitale Gesellschaft eingeführt.
    Wer mehr wissen will, kann das in meinem neuen Buch „Trusted WEB 4.0 – Infrastruktur für eine Digitalverfassung“, siehe https://www.springer.com/de/book/9783658228156 nachlesen.

    Digitale Demokratie: 2019 wird ein Schicksalsjahr für Deutschland

    Liebe Leser,
    Ich wünsche uns für das neue Jahr die ersten Pilotprojekte für eine Infrastruktur der Daseinsvorsorge sowohl im Sinne des einzelnen Bürgers als auch zum Erhalt des demokratischen Systems.
    2019 werden die Weichen für eine digitale Gesellschaft gestellt, in der zunehmend autonome Systeme eingesetzt werden. Es ist höchste Zeit, unsere demokratischen Errungenschaften zu analysieren und das, was uns wichtig ist, auf die digitale Gesellschaft zu übertragen.

    Die letzten technischen Revolutionen wurden nicht von Europa getrieben, sondern von den Ländern, die den größten Veränderungsdruck und somit den Nutzen aus der Veränderung gezogen haben. So hat das Smartphone in wenig entwickelten Ländern vielen Menschen erst die Möglichkeit gegeben, an der Gesellschaft teilzunehmen und Handel zu betreiben. Facebook ist in manchen Ländern die einzige Plattform, auf der die digitale Vernetzung und Organisation von Menschen stattfindet. Eher zufällig haben die Übereinstimmung skalierbarer Geschäftsmodelle mit den Bedürfnissen vieler Menschen zur globalen Durchsetzung weniger Produkte geführt.

    2020 soll nun für jeden Bürger verbindlich in China ein neues Social Credit System eingeführt werden. Neu ist, dass diese Entwicklung nicht nur von privatwirtschaftlichen Interessen getrieben wird, sondern eine autoritäre Ideologie durch eine hierauf abgestimmte Digitalstrategie gestützt werden will.
    Das Social Credit System wird erfolgreich sein, weil es die Probleme der Mehrheit der Chinesen löst, wie zum Beispiel die Vertrauenswürdigkeit eines Bürgers zum Erhalt von Darlehen. Es wir auch für nicht privilegierte Chinesen zur Anerkennung innerhalb der Gesellschaft und zu mehr Gerechtigkeit führen, siehe https://media.ccc.de/v/35c3-9904-the_social_credit_system. Allerdings geht es um gesellschaftliche Gruppen, die bisher überhaupt keine Chance auf Anerkennung und Integration haben.

    Deutschland ist nicht China. Vieles wird von der Mehrheit der Chinesen als Fortschritt begrüßt, was uns bei Berücksichtigung unserer Bürgerrechte heute undenkbar erscheint und die Probleme unserer weit entwickelten Gesellschaft nicht löst. Allerdings aufgrund der Vielzahl und Größe der in China angestoßenen Projekte ist davon auszugehen, dass die aus Sicht eines Wohlstandes für Mehrheiten entwickelten Projekte auch unsere digitale Gesellschaft beeinflussen werden. Genau das ist Ziel des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, siehe https://www.youtube.com/watch?v=o4BA_6RROJ8.

    Smartphones, sowie Google, Amazon und Facebook haben sich auch in Deutschland durchgesetzt, weil bei uns der Leidensdruck durch eine vorhandene gute Integration aller Bürger in die Gesellschaft nicht groß genug war, um frühzeitig eigene Entwicklungen aufzusetzen. Die Global Player konnten sich in einem Vakuum ohne jegliche Konkurrenz ausbreiten. Diese Entwicklungen haben mit den China getriebenen Systemen gemeinsam, dass sie ihre skalierbaren Geschäftsmodelle auf Mehrheiten ausrichten.

    Die Demokratie will hingegen jeden einzelnen schützen, insbesondere die, welche zu Minderheiten gehören. Demokratien, Individualität und Pressefreiheit werden aktiv von der chinesischen Ideologie bekämpft.
    Auch bei uns arbeiten bereits Banken, Versicherungen und Plattformen, meist gesellschaftlich unreflektiert, an Scoring Systemen, die sich nur graduell von den chinesischen Konzepten unterscheiden.

    Wir benötigen also dringend Pilotprojekte, welche den demokratischen Gedanken im Sinne von Minderheiten in einer speziellen technischen Infrastruktur für die demokratische digitale Gesellschaft berücksichtigen. Möglichst jeder Bürger sollte stigmatisierungsfrei an der digitalen Gesellschaft teilhaben können. Es besteht dann die große Chance, gerade diejenigen in einem Gesamtkonzept einzubinden, zu fordern und zu fördern, die derzeit in Deutschland die ausgemachten Verlierer der Digitalisierung sind. In meinem Buch „Trusted WEB 4.0 – Infrastruktur für eine Digitalverfassung“, siehe https://www.springer.com/de/book/9783658228156, habe ich ein solches Gesamtkonzept vorgestellt.

    Schon immer haben Demokratien mehr Vorlaufzeit für ihre Entwicklung gebraucht, als autoritäre Staaten. Dafür waren sie dann auch erfolgreicher und stabiler.
    Die uns jetzt verbleibende Zeit wird äußerst knapp. Die Politik muss handeln!
    Was wir nicht verkraften werden, ist ein erneutes Vakuum mangels eigener Alternativen, in dem wir nun einem chinesischen System erlauben, sich auszubreiten. Eine mit digitaler Effizienz eingeführte totalitäre Überwachung und Steuerung der Menschen würde nur schwer umkehrbar sein und dann letztendlich eine von uns nicht gewollte Ideologie auch bei uns durchsetzen.

    Olaf Berberich

    DSGVO – heutige Gesetze sind für die digitale Gesellschaft nicht geeignet!

    Am 25. Mai 2018 tritt die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung(DSGVO) in Kraft. Vier Jahre wurde mit zahllosen Änderungsanträgen hierum gerungen. Wie alle bisherigen Gesetze baut diese auf den Verfassungen der vordigitalen Gesellschaft auf. Warum wird es der Gesetzgeber nicht schaffen, das Ziel des Datenschutzes für den Einzelnen hiermit durchzusetzen? Am Beispiel der DSGVO sei hier gezeigt, wie komplex und umfassend die Herausforderungen der Digitalisierung sind und dass die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Umsetzung in der digitalen Gesellschaft von Gesetzgeber nicht berücksichtigt wurden.

    Meine Forderung vorneweg: Wir brauchen eine Infrastruktur für eine Digitalverfassung, damit Gesetze im digitalen Zeitalter überhaupt ihre Wirkung entfalten können!

    Gemäß den Trusted WEB 4.0 Kriterien sollen die Errungenschaften der vordigitalen Demokratien die Grundlage dafür bieten, um die Rechte, Pflichten und Ziele in der digitalen demokratischen Gesellschaft zu bestimmen.
    Die digitale Gesellschaft unterscheidet sich von der vordigitalen Gesellschaft dadurch, dass zunehmend autonome Systeme eingesetzt werden, deren Entscheidungsbasis nicht mehr menschlich ist. Die ausgeführten Verfahren und Algorithmen entziehen sich dem menschlichen Verständnis und zunehmend seiner Einflussnahme, so nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden solche Systeme im Sinne menschlicher Mehrheiten entscheiden.

    Das wahrscheinlichste Zukunftsszenario auch für Deutschland ist eine totalitäre digitale Gesellschaft, vergleichbar mit dem chinesischen Social Credit System, welches bis 2020 verbindlich für jeden Chinesen eingeführt wird. Jeder erhält bei Geburt eine gewisse Punktzahl. Bei jeder Abweichung eines Bürgers von der gesellschaftlichen Norm werden Punkte abgezogen. In Zukunft wird wohl auch das digital dokumentierte Verhalten der Eltern in die Bewertung einfließen. Wer reisen, eine Familie gründen oder arbeiten will, muss eine bestimmte Zahl an Credits haben. Der Vorteil für Staaten ist die hohe wirtschaftliche Effizienz eines solchen Konzepts, welches in Bezug auf die Effizienzziele skalierbaren US-Geschäftsmodellen wie dem von Facebook entspricht. Zur Bewertung mit Social Credits ist zudem genau, wie bei der Bereitstellung von gezielter Werbung, die Erstellung eines möglichst genauen Personenprofils Voraussetzung. So bietet sich eine enge Zusammenarbeit zwischen Staaten und kommerziellen Datenverwertern an.
    Von demokratischer Vielfalt geprägt, ist die heutige Rechtsprechung eher überreguliert, mit immerhin der guten Absicht, jedem Einzelfall gerecht zu werden. Für ein reines Denken in Mehrheiten ist eine solche Justiz uneffektiv. Sie spielt, wenn wir nicht sofort mit aller Kraft ein Demokratie erhaltendes Konzept für die digitale Gesellschaft entwickeln, in Zukunft keine Rolle mehr.

    Auch das demokratische Rechtssystem strebt nach Verringerung von Verkehrsunfällen, einer Reduzierung der Kriminalität, etc.. Auch hier werden für Optimierungen im Promillebereich im Sinne der Mehrheit ständig weitere Einschränkungen für den Einzelnen hingenommen. Die Kosten zum Erhalt eines demokratischen Systems mit seiner Gewaltenteilung und seinen vielen Institutionen sind jedoch wesentlich höher, als die für ein über Social Credits in Kombination mit künstlicher Intelligenz gesteuertes System. Spielt nur der direkte Vergleich der Wirtschaftlichkeit eine Rolle, haben Demokratien in der digitalen Gesellschaft keine Berechtigung.
    In der Vergangenheit haben Diktatoren ähnliche oder sogar höhere Kosten wie Demokratien aufbringen müssen, um ihre Macht zu erhalten. Das Social Credit System hat den Vorteil, dass es bei dem vordergründigen Diktat der Masse keinen Gegner gibt, den es zu bekämpfen lohnt. Totalitäre Staatslenker können hiermit ihre Macht ausbauen und sich wie in einer Demokratie von der Mehrheit legitimiert sehen. Ihre Interessen setzen sie hierbei durch Manipulation der Mehrheitsmeinung durch.

    Die Anpassungsgeschwindigkeit eines Social Credit Systems, zum Beispiel an einen schnell auftretenden Klimawandel, ist wesentlich größer, als die in einer langsam entscheidenden Demokratie.
    Ein weiterer Vorteil des Social Credit Systems ist, dass es einfach ist. Viele Menschen wollen sich nicht mit Problemen beschäftigen und lieben einfache Lösungen. Der Rechtstaat hingegen ist kompliziert. Er begünstigt zudem Know-how Träger, welche Gesetze für ihre Zwecke nutzen können.

    Im konkreten Beispiel der DSGVO soll der Schutz der personenbezogenen Daten innerhalb der europäischen Union sichergestellt werden. Die DSGVO ist ein gutes Beispiel, um zu zeigen, wie die Rechtsprechung einerseits der vordigitalen Gesellschaft verhaftet bleibt und andererseits totalitäre digitale Systeme längst die Rechtsprechung konterkarieren.
    Zum einen setzt die DSGVO die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen und Zustimmung zum Umfang der Datenverarbeitung voraus. Zum anderen geht die DSGVO davon aus, dass dem Einzelnen die Mittel für Datenschutz und Datensicherheit zur Verfügung stehen. Beide Voraussetzungen sind aber gerade bei der Zielgruppe der Einzelpersonen, welchen die DSGVO einen höheren Schutz bieten soll, nicht erfüllt.
    Erstens besteht beim Konsumenten eine echte Entscheidungsfreiheit gerade nicht gegenüber solchen Unternehmen, welche primär durch die Gesetzgebung geregelt werden sollen. Nach dem subjektiven Eindruck des Bürgers haben viele große Unternehmen die Totalitarismusschwelle bereits überschritten. Diese definiert sich durch die Einschätzung des Konsumenten von seiner Abhängigkeit von einem Unternehmen, seinen Kosten und Möglichkeiten der Ersatzbeschaffung eines ähnliches Produktes, seiner Möglichkeit der Rückabwicklung, also zum Beispiel der Übertragbarkeit seiner Datenbeständen von einem zum anderen Anbieter und den Kosten, die er für einen Technikersatz aufbringen muss. Wer seine Studienunterlagen nur bei Facebook beziehen kann, hat keine andere Wahl, als die Datenschutzerklärung von Facebook zu akzeptieren. Facebook ist sich dieser Macht bewusst und verschärft sogar seine Datenverwertung im Rahmen der DSGVO. Mit genügend eigenen Daten versorgt, benutzt es die DSGVO als Vorwand, um die Datenhändler zu kündigen. Der Einzelne muss nun sogar die Verwendung von biometrischen Daten in Form von Gesichtserkennung akzeptieren.
    Zweitens sind Datenschutz und Datensicherheit derzeit für den Einzelnen nicht mehr herstellbar. Es besteht hieran bei der aktuellen deutschen Regierung auch kein echtes Interesse. Die Analyse des Koalitionspapiers weist eher auf einen weiteren Einbau von Türen für Staatstrojaner und Ausbau der Überwachungsmaßnahmen, sowie Speicherung und Austausch von immer mehr personenbezogenen Daten hin.
    Auf der Stecke bleiben werden kleine Betriebe mit fehlendem Know-how und mancher Selbständige mit von Drittanbieten eingebauten Scripts.
    Sicherlich ein wenig überzeichnet, aber dem Grundsatz entsprechend, alles was vereinbart ist, ist legal, habe ich für die Trusted WEB 4.0 Seiten nun neue Datenschutzbedingungen veröffentlicht, siehe Datenschutzrichtlinien . Diese haben die berechtigte Intention, Schaden von mir fern zu halten.

    Nun, die Weichen für die Zukunft sind gestellt, oder? Wer soll denn ein Interesse an einer digitalen demokratischen Gesellschaft haben? Die Antwort ist einfach: „Minderheiten“.
    Im Folgenden habe ich einige Minderheiten aufgeführt. Die Liste lässt sich fast beliebig verlängern: „Kreative, Intellektuelle, Intelligente, Liberale, Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Philosophen, Leistungssportler, Vegane, Raucher, Behinderte, Mitglieder von Religionsminderheiten, Sammler, Dieselfahrer, ethnische Minderheiten, sprachliche Minderheiten (Dialekte), sexuelle Orientierung, soziale Schichten.“ Tatsächlich kann man heute nicht wissen, welches heutige digital dokumentierte Verhalten in Zukunft bei sich verändernden Normen sanktioniert werden wird.

    Für die Demokratie lässt sich argumentieren, dass die meisten großartigen Ideen, die unsere westlichen Gesellschaften historisch weitergebracht haben, von individualistischen Einzelkämpfern entwickelt und durchgesetzt wurden. Nur, ob diese Langfristperspektive bei Überlegungen, auch bei uns schon vorhandene Scorewerte zu einem Social Credit System auszubauen, Berücksichtigung finden wird, ist fraglich.

    Ein umfangreicher Katalog von Maßnahmen, den ich in meinem neuen Buch „Trusted WEB 4.0 – Masterplan für eine demokratische digitale Gesellschaft“ (erscheint im Sommer bei Springer Vieweg) veröffentliche, ist nötig.
    Es geht darum, alle Kräfte, auch diejenigen, die derzeit als Verlierer und Kostenverursacher der Gesellschaft gelten, für die Demokratie zu mobilisieren. Es geht darum, Vorteile und Stärken der Demokratie zu identifizieren und diese in Digitalisierungskonzepten abzubilden. Es geht um eine technische Infrastruktur als Voraussetzung für eine Digitalverfassung, in der Wähler und Politik nicht über den Umweg ausländischer Werbeplattformen zusammenfinden. Anonymität und eine wesentlich erhöhte Datensicherheit für Einzelne können durch diese Infrastruktur sichergestellt werden. Das Buch bietet viele Ansätze, die weitergedacht und mit allen Leistungsträgern unserer Gesellschaft verhandelt werden müssen.

    Haben wir noch genug Zeit?

    Olaf Berberich

    Jamaika -Mein Sprung zurück aus dem Jahr 2027

    Meine Zeitkapsel landet in Krefeld unter dem Ostwall in der alten Unterführung zu Horten.
    Ich kontrolliere die Zeitanzeige. Es ist der 23. November 2017. Mühelos springe ich mit Hilfe meines unter meinem historischen Anzug verborgenen Exoskeletts die Treppen hinauf. Es gibt schon einige Vorteile in 2027.
    Das lange Warten an der Ampel nervt. Ohne darüber nachzudenken, verbeuge ich mich vor jedem Menschen tief. Ich wundere mich, wieso die anderen mich nicht grüßen. Auch haben die Passanten nicht den inzwischen üblichen entgleisten Gesichtsausdruck, der sich vom ewigen Lächeln zwangsläufig in die Gesichtszüge gräbt. Vier harte Jahre habe ich keinen Fehler gemacht. Ich habe immer nur die KI-Propaganda auswendig gelernt und gelobt. Ich habe mich daran gewöhnt, dass jede falsche Bewegung, jede unfreundliche Geste, meinen Social Scoring Wert verschlechtert.
    2020 hatte China es geschafft, für alle Chinesen verbindlich das Social Credits System einzuführen. Wer nicht genügend Social Credit Points bekam, der bekam keinen Pass und durfte nicht reisen. Es herrschte Ruhe im Land. 2023 hat in China eine künstlichen Intelligenz dann die Macht übernommen: Korruption sollte so ausgeschlossen und die Effizienz weiter gesteigert werden. Deutschland war inzwischen weitgehend vom chinesischen Handel abhängig. Die chinesische KI benutzte ihre Marktdominanz, indem sie Bedingungen schaffte, zu denen auch in Deutschland nur noch mit einer kompletten Steuerung der Gesellschaft durch eine KI die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtgehalten werden konnte. Wir in Deutschland folgten mit der für uns bekannten Gründlichkeit. Zu wenig Sport, zu viel Süßigkeiten, alles führte zur Verschlechterung des Scoring Wertes.
    5000 Social Credits hatte ich angesammelt, durfte an der Lotterie für die Zeitreise teilnehmen und hatte gewonnen. Ich wollte nur noch weg, nachdem die KI offiziell Menschen als nutzlose Mängelwesen definiert hatte. Die Menschen ihrerseits hatten sich auf ihre Art gewehrt und es wurden fast keine Kinder mehr geboren.

    Ich hatte mir sehr genau überlegt, warum ich dieses Datum gewählt hatte. Mit einer Geschwindigkeit, über die sich die Passanten wundern, lege ich die letzten Schritte zurück und bin am Ziel. Es ist exakt 19.30 Uhr. Ich betrete Gleumes, eine urige Innenstadtkneipe. Bis auf die Straße stehen die sonst so nüchternen Liberalen und winken mit blauen Fahnen. „Freiheit“ ist da drauf geschrieben. Der neue Bundesfinanzminister Otto Fricke hält eine begeisternde Rede und argumentiert, endlich sei die FDP zurück. Jamaika würde es schon richten! Doch er würde sich aufreiben.

    Ich habe eine seltene Gabe, sie ist mein Fluch. Ich habe immer schon eine klare Vorstellung gehabt, wie die Gesellschaft in zehn Jahren aussieht. Vor 2037 graut mir. Leider habe ich auch meistens Recht behalten. Schon 1997 habe ich begonnen, bei Grateach für eine demokratische Zukunft zu kämpfen. Die, die es verhindern wollten, haben mich behindert, die, denen ich helfen wollte, haben es nicht verstanden. Mit Jamaika hat sich nichts geändert. Merkel hat mit ruhiger Hand weiter regiert, bis sie an die noch ruhigere Hand der KI übergeben hat.
    Ich stehe nun mitten in diesen begeisterten Menschen. Endlich habe ich einen Masterplan für eine demokratische digitale Gesellschaft. Ich hatte mir die ganzen Jahre so viel zu Recht gelegt, was ich sagen würde. Doch jetzt sage ich nichts. Wie soll ich es schaffen, meine Erfahrung zu vermitteln? Wie solle ich gegen diese Begeisterung angehen? Wie soll ich die Geschichte ändern?
    Verzweifelt übe ich mich stattdessen in einem lauten Lachen, viel zu laut für meine Zeit. Gäbe es doch eine andere Realität. Gäbe es doch eine streitbare FDP, die es schaffen würde, die digitale Gesellschaft so zu gestalten, dass die Technik für uns und unsere Rechte eingesetzt würde. Hätte ich doch 2017 schon meinen Masterplan gehabt!