Neuordnung der FDP als digitale Bürgerrechtspartei

Das AfD Schlamassel in Thüringen war so oder ähnlich zu erwarten. Die FDP hat sich viel besser geschlagen als die CDU.
Alle Parteien bekommen zunehmend ein Problem, auf die durch die Digitalisierung entstehenden Herausforderungen die dringend benötigten Antworten nicht geben zu können. Es mag sein, dass Parteien noch einige Jahre Politik ohne Zukunftsinhalte machen können. Das reine Aushandeln von Kompromissen ohne klares Profil führt jedoch in eine Sackgasse.
Selbst vor den Bundestagswahlen in die FDP eingetreten und schnell zum Leiter der AG „Digitale Demokratie“ im Rahmen des NRW LFA „Digitale Agenda“ gewählt worden, habe ich festgestellt, dass es in der FDP viele engagierte Politiker gibt, die Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft erhalten wollen.

Jedoch schafft es die politische Diskussion und im Ergebnis auch die Gesetzgebung nicht, sich von der analogen Welt zu trennen. Bisherige Landesfachausschüsse hatten mit der Digitalisierung wenig zu tun. Engagierte Mitglieder streiten hier um jedes Detail und unterstützen die Politik zur Reaktion auf aktuelle Ereignisse. Aus Reagieren müsste Agieren und Zukunft gestalten werden.
In der AG „Digitale Demokratie“ hingegen haben wir Forderungen aus einem zukünftigen Blickwinkeln aufgestellt und haben hiermit innerparteilich für Aufsehen gesorgt. Letztendlich ist das Projekt gescheitert und ich bin im September 2019 als Gruppenleiter zurückgetreten. Wenn es um die digitale Gesellschaft geht, dann geht es um viel Geld und Macht. Von der FDP nicht erwartet wurden die in der AG teilnehmenden Schwergewichte aus Kreisen der Datenverwerter. Es ist nicht gelungen, die vielen Neumitglieder, die gerade wegen der durch die Digitalisierung bedrohten Bürgerrechte in die FDP eingetreten sind, für diese Gruppe zu gewinnen.
Wir werden nicht verhindern können, dass zukünftige Standards international gesetzt werden. Diese Standards werden zu Gunsten globaler Gewinnoptimierung Bürgerrechte einschränken und sie werden nicht speziell für demokratische Staaten entworfen. Bereits jetzt tobt ein Wirtschaftskrieg mit dem Ziel, auf einzelne Staaten keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen.
Demokratie-Erhalt wird nicht ohne spezielle Schnittstellen, von mir auch Bürgerinterfaces genannt, funktionieren. Demokratie bedeutet Vielfalt und Minderheitenschutz.
Der Handschlag mit der AfD ist für mich Symptom und nicht Ursache, einer sich auflösenden Demokratie. Wenn Politik nicht mehr glaubhaft Inhalte vermitteln kann, dann stärkt das Parteien, die Frustwähler radikalisieren, ohne dafür Inhalte zu brauchen.

Ich hoffe aus ganzem Herzen, dass die nicht übersehbare aktuelle Krise dazu führt, die im letzten Bundestagswahlkampf von der FDP gesetzten Schwerpunkte der Digitalisierung und der Bürgerrechte miteinander zu vereinen. Wie von Gerhard Baum angemahnt, muss wieder offen diskutiert werden. Wie können Bürgerrechte in einer zunehmend von Algorithmen bestimmten global standardisierten Welt erhalten bleiben? Welche Konzepte und Technologien müssen wir in Deutschland hierfür entwickeln?
FDP Mitglieder, die Wert auf Bürgerrechte legen, müssen motiviert werden. Sie müssen erst einmal in einem geschützten Raum ihre Position definieren können, bevor diese mit einem starken FDP-Wirtschaftsflügel diskutiert werden kann. Ziel muss sein, gerade eben über die Entwicklung von Bürgerinterfaces, zum Beispiel zum anonymen Surfen oder auch zur Einbindung aller Gesellschaftsgruppen über ein Digital-Bürgergeld, die deutsche Wirtschaft zu stärken.

Olaf Berberich

Wann wurde die Vierte Gewalt zuletzt gesehen?

Liebe Vierte Gewalt,
in letzter Zeit suche ich Dich vergebens. Letzte Spuren von Dir habe ich im Grundgesetz gefunden. Da heißt es „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Leider hat der Gesetzgeber versäumt, auch einen Passus über Selbstzensur einzufügen. Wer hätte auch 1949 bei Erlass des Grundgesetzes ahnen können, dass wir einmal in einer Welt leben würden, in der Emotionen und Manipulationen besser gestellt sind, als echte Informationen.
Gerade jetzt, wo die Demokratie sich in nicht übersehbarer Auflösung befindet, müsstest Du den Journalisten neue Regeln an die Hand geben, der innere Kompass müsste wieder auf Dich und damit auf den Erhalt demokratischer Werte ausgerichtet werden.

Immer war es für die Medien schwer, ihre Finanzierung durch Anzeigen von einer redaktionellen Beeinflussung zu trennen. Doch zumindest waren die Interessenskonflikte übersichtlich. Heute geht es nicht mehr darum, sich gegen die Beeinflussung einzelner großer Unternehmen zu behaupten. Vielmehr geht es um die Existenz, bei der unendlichen Vielzahl der Social Media Reize überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Ein nackter Hintern generiert oft mehr Klicks als ein sorgsam recherchierter Sachartikel. Der Kampf um die Leser ist mörderisch. Wie ein Radierer wischt Dich, vierte Gewalt, die Einführung des Social Credit Systems jetzt endgültig weg. Meine Meinung dazu kennst Du ja, siehe http://blog.get-primus.net/compliance-als-demokratie-zerstoerer/ .Deine Medien beschränken sich auf ein Grundrauschen, also das, was alle schreiben. Sie erhalten Ihre Informationen vorgeschrieben von den Presseagenturen. Ansonsten konzentrieren sie sich auf Redundanzen: Nachrichten über bekannte Unternehmen, internationale Nachrichten und die Verfestigung von Stereotypen. So haben wir gelernt, dass bei einem Cyberangriff immer wir schuld sind, weil wir irgendein Update nicht installiert haben. Oder Irgendeiner hat wieder eine Tür offen gelassen und sich dabei einen Virus eingefangen. Wenn dann ein Rezo das mit der Zerstörung der Demokratie einfacher erklären kann als Deine Medien, dann schreiben alle wieder mehr über Rezo, als über die Inhalte. Du Vierte Gewalt erschlafftest, wurdest transparent bis unsichtbar, weil der Sachverstand Deiner Journalisten nicht mehr gefragt ist.

Um die zu identifizieren, die für Dein Verschwinden verantwortlich sind, müsste erst einmal alles gesichtet werden, was Dir bekannt war, über das aber nie geschrieben wurde. Medienarchive quillen über vor Informationen, auch über mich. Kein einziges Mal, wohl einem geheimen Codex folgend, hast Du geschrieben, über erste für mich bereits von 20 Jahren sichtbare Auflösungstendenzen. Ich möchte nicht wissen, von wie vielen Versuchen Du weißt, ein anderes sicheres Internetkonzept aufzubauen oder auch die Demokratie auf die digitale Gesellschaft vorzubereiten. Doch Du schwiegst. Warum konntest Du Dich gegen ein Netz aus zentraler Datenverwertung nicht behaupten? Warum hast Du die zunehmende Fremdbestimmung deiner Teile zugelassen? Warum diskutierst Du unsinnig über Überwachung und Probleme digitaler Strafverfolgung? Wäre es da nicht sinnvoller, sich mit durchaus vorhandenen technischen Möglichkeiten zu beschäftigen, die Anonymität im Allgemeinen und forensisch eindeutige digitale Strafverfolgung im Einzelfall gleichzeitig möglich machen?

Wir haben in Deutschland eine Meinungsfreiheit, die sogar größer ist, als früher. Jeder kann alles im strafrechtlich erlaubten Rahmen veröffentlichen. Aber ob es auch verbreitet wird und in welchem Kontext, das entscheiden inzwischen andere, weil Du Dich nicht um die kreativen Querdenker und Grenzgänger gekümmert hast. Die Entscheider sitzen meist nicht mehr in Deutschland, sondern irgendwo auf der Welt. So stand über mich fünfzehn Jahre lang ein irreführender Artikel bei Google auf der ersten Seite, bis das endlich Google verboten wurde. Dass hierfür ein Algorithmus verantwortlich war, ist schwer zu glauben. Bis vor zehn Jahren habe ich selbst viele negative Erfahrungen ins Netz gestellt, die auf meinen Kampf für die Demokratie zurückzuführen sind. Vierte Gewalt, sieh in Deinen Archiven nach, ja, da ist es. Berichtet hast Du darüber nicht. Dann habe ich selbst alles herausgenommen, weil ich die Verantwortung gespürt habe. Es wurde missbraucht, um gerade das, was ich schützen wollte zu zersetzen, Rechtsstaat und Demokratie eben. Es hilft wenig, wenn Informationen nur ängstigen, aber nicht Mut machen, etwas zu verändern.

Nun habe ich fast 20 Patente angemeldet, um Mut zu machen, um zu zeigen, dass es doch geht. Ich habe mehrere Fachbücher geschrieben. Diese wurden immerhin über 10.000 Mal gelesen und werden in der Lehre auch unwidersprochen eingesetzt. Doch ohne Dich, vierte Gewalt wird die längst überfällige breite öffentliche Diskussion ausbleiben, worauf es ankommt, wenn wir in der digitalen Gesellschaft die Aufrechterhaltung von Bürgerrechten ermöglichen wollen.
Aus Verzweiflung habe ich den Simulations-Roman „Social Utopia“ geschrieben. Von 1999 bis 2035 auf 850 Seiten in unterhaltsamen Geschichten festgehalten, was alles schief gehen kann und was man besser machen könnte. Nicht zu nah bei uns, aber doch so nah, dass wir alle aus dem fiktiven Roman profitieren könnten. Mal wieder offen diskutieren, das wäre es doch.
Und nun bist Du nicht mehr da, Vierte Gewalt, selbst Opfer eines Strukturwandels, den Du hättest begleiten und gestalten sollen. Die, die Dich ersetzen, haben kein Interesse daran, ihre eigene Existenzberechtigung in Frage zu stellen.

Schade, ich hab mich wohlgefühlt mit Dir. Du warst immer da. Du hast mir Sicherheit gegeben, auch dann, wenn ich Dich nicht gebraucht habe.
Ich wünsche mir so sehr, dass es Dich doch noch irgendwo in einer Zeitungsecke gibt. Um Reste von Dir zu finden, habe ich zwar keinen nackten Hintern gezeigt, aber immerhin visuell auf eine neue Form der digitalen Bücherverbrennung hingewiesen. Sogar ein kleines Video habe ich gemacht, obwohl ich nie vor die Kamera wollte, sieh mal nach unter:

Compliance als Demokratie-Zerstörer?


Was ist nur in mich gefahren, auf die Compliance einzudreschen. Ist doch gerade die Compliance der Teil, der sich mit aller Kraft dafür einsetzt, ethische Regeln im Unternehmen durchzusetzen.

Doch hier entsteht gerade global für die Demokratien eine neue Herausforderung. Ethische Regeln werden bei globalen Unternehmen zu einem kleinsten gemeinsamen Nenner entwickelt. Die Ergebnisse der Compliance dürfen nicht im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens liegen. Jeder Compliance-Manager weiß, wie schwer es ist, sich mit einer guten Lösung gegen den Vorstand zu behaupten. Der muss seinen Shareholdern ständig wachsende Umsätze und Gewinne präsentieren.
Berücksichtigt man, dass wir in Deutschland viele Hidden Champions haben, also große Unternehmen, die unbekannt sind, weil sie nicht den Endkunden beliefern, sondern Zulieferer einzelner Bauteile sind, dann wird besonders in Deutschland die Abhängigkeit von der globalen Entwicklung und somit von globalen Regeln deutlich.
Die Compliance gerät deshalb in die Gefahr, zum Demokratiezerstörer zu werden, weil seit 2020 durch Einführung des Social Credit Systems bei internationalen Unternehmen neue Spielregeln entstehen.

Halt, das betrifft doch nur das weit entfernte China. Nein, eben durch die Compliance wird es auch unmittelbar uns in Deutschland betreffen. Das Social Credit System bewertet nicht nur wie die Compliance das Verhalten von Mitarbeitern im Unternehmen. Es bewertet auch das Verhalten in der Freizeit. Die Compliance ist bisher auch dafür da, um Fehlverhalten vertraulich innerhalb des Unternehmens zu regeln. Das Social Credit System ist öffentlich und es berücksichtigt auch die Beziehungen aller Akteure untereinander.

Konkretes Beispiel: Ich schreibe heute diesen Artikel. In 5 Jahren ist er immer noch im Internet veröffentlicht. Mein Enkel erhält dann bei einem deutschen Hidden Champion keine Praktikumsstelle. Dieses Beispiel ist fiktiv, weil ich keinen Enkel habe. Nicht fiktiv ist, dass ich eigentlich heute schon diesen Artikel nicht mehr schreiben dürfte, weil er wahrscheinlich irgendwann in der Zukunft, wenn auch nur als kleiner Teil eines Rankings einem Verwandten von mir schaden wird. Nur weil ich hoffe, dass Politik und Gesellschaft noch im letzten Moment – nämlich genau jetzt -aufwachen, traue ich mich noch, etwas zu schreiben. Wenn sie nicht aufwachen und danach sieht es bisher leider aus, wird unsere Zukunft totalitärer als totalitär werden. Um Schaden vom Unternehmen abzuhalten werden die Compliance-Abteilungen sich Software anschaffen, die eine Einstufung durch das Social Credit System mit ähnlichen Daten und Algorithmen möglichst schon vor China simulieren. Auch sie werden dafür alle ihnen zur Verfügung stehenden Daten benutzen.
Ich muss mir jetzt schon genau überlegen, ob ich noch rechtfertigen kann, öffentlich eine Meinung zu äußern, wenn dadurch meinen ganzen Nachfahren in Sippenhaft genommen werden können.
Aber wir haben doch einen Rechtsstaat? Wir haben doch die Verfassung? Dann spielen wir es doch einmal durch. Mein Beitrag ist weltweit öffentlich und wird von automatischen Algorithmen erfasst und bewertet. China strebt mit der Seidenstraße die Weltherrschaft an. Also werden im chinesischen Social Credit System alle weltweit öffentlich verfügbaren Informationen verwertet. Ebenfalls öffentlich sind über Social Media Portale Verwandtschaftsgrade nachvollziehbar. Darüber hinaus verfügt China auch über viele andere Quellen wie durch den Ankauf gehackter Daten. Alle diese Daten fließen in das Social Credit System und das Rating aller mit mir in Beruf, Politik und Privatleben vernetzten Personen ein. Nun stellen Sie sich einmal meinen Enkel vor, der vor einem Gericht forensisch verwertbare Beweise vorlegen soll, warum er die Praktikumsstelle nicht erhalten hat!? Auch andere Unternehmen greifen auf die gleichen Daten zu und weisen ihn ab. Ohne Praktikum kann er sein Studium nicht abschließen…

Seit vielen Jahren warne ich die Politik vor diesen Gefahren. Passiert ist wenig. Jetzt besteht der dringende politische Handlungsbedarf, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um den Einfluss von Social Scoring Werten in Deutschland zu verhindern. Neue Gesetze werden hierfür nicht ausreichen.
Eine Maßnahme mit Priorität ist das staatliche Garantieren einer technischen Infrastruktur, die in einer zunehmend digitalen Gesellschaft verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte zur Selbstentfaltung, sowie die Privatsphäre sicherstellt. Nur so können demokratische Diskussionen ohne Angst vor Repressalien in einem geschützten Raum stattfinden.
Wenn die Compliance-Manager nicht zu Gehilfen totalitärer Staaten gemacht werden sollen, muss für in Deutschland / Europa tätige Firmen ein neuer Verhaltenskodex geschaffen werden. Auf Geschäfte mit China zu verzichten, wird wahrscheinlich nicht die Lösung sein. Wichtig sind Vereinbarungen, welche ein Ausspielen europäischer Wettbewerber gegeneinander durch China über den Social Credit Wert verhindern.

Ein Chefredakteur würde mir übrigens raten, diesen Artikel nicht jetzt zu veröffentlichen, wo die Öffentlichkeit mit dem Coronavirus beschäftigt ist. Aber kommt dieses Virus nicht für das Social Credit System gerade recht. Kann es hier seine Stärke zeigen? Wie wirkt es sich auf das Rating aus, wenn jemand sich ansteckt, weil er anderen hilft?

Antwort an Rezo zu: „Zerstörung der CDU“


Über 15 Millionen haben inzwischen das Video von Rezo gesehen, siehe https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ&t=6s.
Wie viele daraufhin bei den Europawahlen nicht die CDU sondern die Grünen gewählt haben, ist nicht präzise bekannt. Tatsache ist jedoch, dass Rezo eine Stimmung breiter Bevölkerungsschichten getroffen hat. Auch hat Rezo die Dinge so einfach erklärt, dass auch diejenigen, die sich für Klimaerwärmung und Kriege nicht interessieren, 50 Minuten lang zugehört haben. Das ist unbestritten eine Leistung.
Aber ist das, was er sagt, inhaltlich neu?
Hat Rezo die Krankheit identifiziert, oder nur die allseits bekannten Symptome beschrieben?
Nach meiner Meinung geht Rezo wie die meisten Bürger von falschen Annahmen aus.

Ich kenne viele Leute, die fliegen munter weiter durch die Welt und erwarten, dass der Staat das mit dem Klima richtet. Zum ersten Mal haben sie dafür die Grünen gewählt. Die Grünen können die an sie gerichteten Erwartungen nicht erfüllen. Denn, was sie richten könnten, schreibt sich in alter Manier jetzt schnell die Groko auf die Fahne.
Ein Beispiel:
Ölheizung-Abfrackprämie? Dazu ganz persönlich: Das sind kurzfristige Effekte für die Heizungsbauer, aber keine nachhaltigen Überlegungen. Ich selbst habe schon sehr viel an meinem Haus optimiert. Eine PV Anlage auf dem Dach und eine ausgeklügelte Regeltechnik selbst entwickelt. Ich kaufe mir doch nicht eine neue Heizung, wenn die neue auch erst CO² intensiv gebaut werden muss. Wieviel CO² kostet die Herstellung? Wo wird das ausgewiesen? 2025 kann Bosch mir mit aus der Luft gewonnenem Kohlenstoff mein Öl CO² neutral liefern. Behaupten die zumindest siehe https://www.bosch.com/de/stories/synthetische-kraftstoffe/. Ist es da nicht nachhaltiger, die relativ neue Heizung zu behalten? Heute bin ich für über ein Jahr autark. Soll ich mich mit Gas noch abhängiger von einer Politik machen, die jetzt schon nicht mehr kalkulierbar ist?
Ich habe einen Etat. In meinem Fall immerhin 20.000,- €, als Kredit natürlich. Damit möchte ich die höchste CO² Reduzierung in meinem Haus erreichen. Innerhalb von 20 Jahren soll sich die Investition amortisieren. Dafür brauche ich eine Garantie zu den konkreten Effekten bei mir im Haus. Ich meine, die Handwerker sollten gutes Geld verdienen, nachdem diese Effekte bei mir erreicht wurden und nicht deshalb, weil sie irgendwelche Produkte gut verkaufen können. Auf den Prospekten stehen im Labor getestete Werte. Ob zum Beispiel eine Sole-Wärmepumpe die Heiztemperatur liefert, damit es mit bestehenden Heizkörpern bei mir im Haus auch warm wird, ist fraglich. Zu einem solchen Konzept werde ich auch von den Grünen keine Antwort bekommen.
Wir brauchen ein Konzept zur Technologie offenen Planung und Messung von Energieeffizienz für Hausbesitzer. Jeder muss die Ergebnisse verstehen und mit entsprechenden Anreizsystemen bei sich umsetzen können. Bei den niedrigen Zinsen machen wir Bürger das dann schon.

Nein, die Politiker tun genau das, was von ihnen erwartet wird. Wenn jede Minute ein ShitStorm losbrechen kann, dann tun die Politiker nichts mehr. Wenn die Wähler sich immer mehr von Tagesinformationsfetzen bestimmen lassen, gibt es auch bei den Politikern nur noch Tagesrichtungen oder besser, gar keine Richtung mehr. Es ist also gar nicht mehr wichtig, ob ein Politiker inhaltlich Ahnung von dem hat, was es sagt. Es ist wichtiger, dass er die richtigen Antennen für Stimmungen hat.

Warum ist das denn so.
Da kommen wir zur nächsten falschen Annahme.

Ich möchte heute kein Politiker sein. Die bekommen von allen Seiten Druck. Reiflich überlegt von Lobbyisten. Die haben immerhin meist noch eine Meinung. Und dann einen nicht kalkulierbaren Druck von einer manipulierten Masse.
Wir Bürger haben einen Krieg verloren, sitzen in einem besetzten Land und merken es nicht mal. Die Doku bei Netflix über Cambridge Analytica deckt es auf. Das Militär einwickelt Waffen. Die setzt es erst gegen seine Feinde ein. Dann werden die Waffen gegen uns gerichtet. Mikrotargeting nennt sich das. Ja richtig, vom Militär als Waffe eingestuft! Über jeden gibt es mindesten 5000 Datenpunkte. Die würfelt die Künstliche Intelligenz solange durcheinander, bis sie genau die Schwachstelle des Einzelnen kennt. Da greift sie an. Dann kommt dabei heraus: der Trump, der Brexit, die AFD, die allgemeine Verunsicherung. Wie an so etwas die gesamte demokratische Kultur zugrunde gehen kann, schreibe ich gerade in meinem neuen Buch „Social Utopia“.
Inzwischen gibt es immer mehr, die meinen, das chinesische Social Credit System hinnehmen zu müssen, damit es mit der Umwelt noch klappt. Hallo, habt ihr Bürger den Schuss nicht gehört? Wir müssen die Demokratie fitt machen für das digitale Zeitalter, sonst wird das mit der Menschheit nichts mehr.

Sowohl das Ding mit der Umwelt, als auch das Ding mit der Demokratie wird nur noch funktionieren, wenn die Bürger sich von unten nach oben organisieren!
Fordert Tools zur Bürgerbeteiligung. Denkt liebe einmal nach, als im Sekundentakt ein Lebenszeichen in den Sozialen Medien von euch zu geben. Sucht Expertengespräche. Überlegt, was ihr selbst besser machen könnt und fordert, was ihr dafür braucht. Geht gegen jegliche Überwachung an. Mehr Überwachung ist nichts anderes als unsere endgültige Entmündigung.
Natürlich können Politiker nicht jedem einzelnen zuhören. Dafür brauchen wir ein digitales Konzept. Jeder muss anonym ohne ständige Beeinflussung durch Mikrotargeting seine Meinung sagen dürfen. Niemand sollte dafür eine Shitstorm fürchten müssen. Digitale Technik darf nicht Waffe sondern muss Hilfe für die Bürger werden. Digital können die Meinungen aller verdichtet und für die Politiker aufgearbeitet werden.
Ihr werdet sehen, die Politiker sind froh und werden auf euch hören, wenn sie sich auf euch verlassen können. Aber bitte, verlasst eure Komfortzone. Es kommt auf jeden einzelnen an.

Was würdet Ihr von einem Chef denken, der jeden Tag seine Meinung ändert? Seine Mitarbeiter beschimpft? Oder noch schlimmer: Der sich nicht mehr aus seiner Komfortzone begibt und sich dann, wenn es brenzlig wird, einfach nicht mehr blicken lässt? Ihr würdet kündigen! Habe ich Recht? Genau das machen die Politiker gerade.
Denn die Politiker sind die Angestellten der Wähler. Wir sind die Chefs, die uns ändern müssen.

Bürger, übernehmt endlich wieder Verantwortung! Denn in einem hat Rezo Recht. Wir haben keine Zeit mehr. Veränderungen müssen schnell gehen, dass geht nur, wenn wir Bürger als Chefs endlich Verantwortung übernehmen.

Die Demokratie-Zerstörer

18,9 Prozent haben die Regierungsparteien bei der Europawahl an Stimmen verloren. Von erdrutschartigen Verlusten war die Rede. Doch so, als sei nichts geschehen, wird eifrig weiter am IT Sicherheitsgesetz 2.0 gebaut. Die Aufgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) sollen massiv erweitert werden. Digitalstrategie bedeutet aus Sicht der Groko, die Durchgriffsmöglichkeiten durch Überwachung weiter auszubauen. Im Ergebnis werden damit die Bürgerrechte massiv beschnitten.

  • Es ist zu hinterfragen, ob von ihrer Struktur her im Sinne einer Gewaltenteilung das BSI als Behörde Aufgaben zur Erfüllung der Bürgerrechte übernehmen sollte. Das BSI hat bisher die Sicherheit der Verwaltung und der kritischen Infrastrukturen verantwortet. Bürgerrechte stehen den aus den bisherigen Aufgaben abzuleitenden Überwachungsansprüchen gegenüber. Besser geeignet wäre eine Institution, die sich unabhängig um die Bürgersicht kümmern würde. Der Überwachung der datenrechtskonformen Verwertung von Daten für Unternehmen oder Behörden müsste ein durchsetzungsfähiger Gegenspieler für die Kontrolle der Einhaltung der Bürgerrechte auf Selbstbestimmtheit, Privatheit und Informiertheit gegenübergesetzt werden.
  • Die derzeitigen Meldepflichten von Unternehmen über Cyberattacken dienen möglicherweise zu einer besseren Bewertung der Allgemeinlage durch das BSI. Sie lassen jedoch den Bürger außen vor, weil Vorfälle nicht konsequent gegenüber der Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Konkret müssten statistisch nicht nur Cyberattacken erfasst werden. Viel wichtiger wäre eine ehrliche Analyse, wie viele gesellschaftlich strukturrelevante Projekte in Deutschland durch Manipulationen bereits behindert werden. Nur bei völliger Transparenz der Situation ist der Wähler überhaupt in der Lage, sich ein Urteil zu bilden. Die derzeitige Regierung setzt sich dem Verdacht aus, eine selbstverschuldete Situation in Deutschland, in der Demokratie in der digitalen Gesellschaft nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, konsequent verschleiern zu wollen.
  • So stiehlt sie sich auch aus ihrer Verantwortung, durch geeignete Infrastrukturmaßnahmen für die Daseinsvorsorge den rechtsfreien Raum Internet aufzulösen. Es wundert nicht, wenn Reporter ohne Grenzen gegen die geplante Kriminalisierung von Tor-Servern protestieren, siehe https://netzpolitik.org/2019/reporter-ohne-grenzen-protestiert-gegen-geplante-kriminalisierung-von-tor-servern/. Tatsächlich ist bedenklich, wenn Gesetze so geöffnet werden, dass hierdurch das Grundrecht auf Anonymität aufgehoben werden kann. Ich selbst bin kein Vertreter des Tor-Netzwerks. Auch sehe ich in meinem Alltag keine Notwendigkeit, es zu nutzen. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch legitim, wenn der Staat im Einzelfall und nach richterlicher Prüfung, und nur dann, die Anonymität eines Verdächtigen aufheben darf. Aus meiner Sicht gehören personenbezogene Daten jedoch überhaupt nicht ins Internet. Der Strafverfolgung ist genüge getan, wenn in diesem Einzelfall bei Einschaltung eines Rechtsanwalts dezentral gespeicherte Verlaufsdaten eines Verdächtigen zur Verfügung gestellt werden. Der Verdächtigte muss nach Abschluss einer Untersuchung von der Überwachung in Kenntnis gesetzt werden. Es ist Aufgabe des Staates, eine Infrastruktur für diejenigen sicherzustellen, die auf ihre Bürgerrechte Wert legen. Wie so etwas technisch realisierbar wäre, habe ich in meinen Büchern beschrieben. Einen Diskussionsbedarf beim BSI zu diesem Thema gibt es nicht. Eine entsprechende Absage liegt mir vor.
  • Zusammenfassend wird die Groko zum Demokratie-Zerstörer, weil sie aktiv der Gewaltenteilung, den Grundrechten und den demokratischen Strukturen in der digitalen Gesellschaft entgegenwirkt, ohne mit diesen Maßnahmen den Schutz für die Bürger erhöhen zu können.

    Politiker-Leaks: Behördenfehler oder Systemversagen?

    Liebe Leser,
    das Jahr 2019 ist gerade einmal vier Tage alt, da bahnt sich ein neuer Datenskandal an. Ein 20 jähriger Schüler hat sich die Mühe gemacht, von rund 1.000 Politiker, Prominenten und Journalisten Informationen zusammenzutragen, die im Internet zu finden waren. Teilweise nutzte er mehrere Sicherheitslücken. Teilweise waren die Daten öffentlich zugänglich.

    Innenminister Horst Seehofer regte sich am 4.1. darüber auf, vom BSI nicht über das wohl schon seit Wochen bestehende Datenleck informiert worden zu sein. Aber ist das BSI überhaupt zuständig? Gemäß Stellungnahme des BSI kann es: „Für die Absicherung parteilicher oder privater Kommunikation von Mandatsträgern nur beratend und auf Anfrage unterstützend tätig werden.“, siehe https://www.bsi.bund.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Presse2019/Update_Unbefugte_Veroeffentlichung_persoenlicher_Daten_und_Dokumente_050119.html.
    Die Absicherung der Bürger mit geeigneten Infrastrukturmaßnahmen fällt nicht in die Zuständigkeit des BSI. Sehr wohl aber ist es Aufgabe des Innenministers. Hier könnte von einem jahrelangen Systemversagen gesprochen werden, wenn denn überhaupt der Bürger im Fokus der Entwicklung von Schutzsystemen liegen würde.

    Tatsächlich gibt es kein Versagen von Behörden, sondern der Regierung fällt nun ihre Vernachlässigung der Entwicklung eines digitalen Schutzkonzepts für ihre Bürger auf die Füße. Gesichert werden kritische Infrastrukturen, Behörden und Unternehmen. Seit Jahren wird sträflich vernachlässigt, dass hochsichere Teilprozesse ohne Wirkung bleiben, wenn das schwächste Glied in der Kette, der Bürger, nicht gesichert ist. Jeder General, Vorstand oder Politiker ist auch Privatperson und hat Freunde und Familie als Sicherheitsrisiko.

    Lassen Sie mich dieses abstrakte, komplexe Ding mit der IT-Security einmal auf ein einfaches Beispiel herunter brechen.
    Stellen Sie sich vor, Sie sind auf Grund eines Erdbebens gezwungen, eine Notunterkunft in Anspruch zu nehmen. Üblicherweise handelt es sich hierbei um eine Turnhalle, in der viele Betten stehen. Sie haben Glück im Unglück, denn in ihrer Notunterkunft sind die einzelnen Bereiche für ein bisschen Privatsphäre durch Leintücher voneinander getrennt. Nachdem Sie ausgepackt haben, gehen Sie zur Essensausgabe. Als Sie zurückkommen, müssen Sie feststellen, dass alles von Wert gestohlen wurde. Entrüstet gehen Sie zur Hallenaufsicht und beschweren sich. Der Verantwortliche schüttelt müde den Kopf und fragt: „Haben Sie denn ihren Bereich nicht abgeschlossen?“

    Seit Jahren wird den Bürgern die Schuld für das Politversagen in die Schuhe geschoben: „Warum haben Sie nicht PGP verschlüsselt? Haben Sie denn keine zwanzigstelligen Passwörter benutzt? Wie, Sie öffnen Anhänge von E-Mails?“
    Tatsächlich habe ich über die Jahre nie von einem Kommunikationspartner die Aufforderung erhalten, PGP zu verschlüsseln, nicht einmal bei vertraulicher Korrespondenz. Andererseits wurden schon Geschäftsbeziehungen mit mir abgebrochen, bei denen ich auf PGP Verschlüsselung bestanden habe. Auch habe ich kein photographisches Gedächtnis für Passwörter.

    Das alles ist jedoch gar nicht nötig, wenn man jedem Bürger die Hoheit über seine Daten in einer vom Staat bereitgestellten Infrastruktur sichert. Personenbezogene Daten gehören nach meiner Meinung überhaupt nicht in den Internetzugriff und sollten schon gar nicht auf zentralen Plattformen gespeichert werden. Es geht darum, endlich auch in der digitalen Welt Zimmer mit robusten Wänden und Türen zu bauen. Die Kosten für jeden Bürger hierfür belaufen sich auf einmalig zirka 30,- Euro.
    Allerdings funktioniert ein solches System nur, wenn auch alle Bürger ihr Recht auf Privatheit schätzen und über eine solche Infrastruktur zu erreichen sind. Die Refinanzierung der Infrastruktur wäre innerhalb weniger Jahre möglich. Die Kompatibilität zu den bisherigen Internetangeboten wäre sichergestellt.

    Selbst die Bekanntgabe von Telefonnummern ist nach dem Stand der Technik überholt. Bereits heute kann ich in meiner virtuellen Telefonanlage jederzeit meine Telefonnummer wechseln. Was fehlt, ist ein System, über welches ich über meine neue Telefonnummer gefunden werde. Idealerweise werden die Telefonnummern dafür gar nicht mehr angezeigt. Ich muss nur in einer sicheren Suche eingeben, was oder wen ich suche.
    Je Veröffentlichung eines Betrags kann der Urheber in der Trusted WEB 4.0 Infrastruktur einstellen, ob er zum Thema des jeweiligen Beitrags erreichbar sein will. Die Erreichbarkeit, kann er auf Datenaustausch über einen verschlüsselten Manager oder Telefonanrufe einschränken.
    Als Ergebnis findet man die von jedem Urheber selbst eingestellten, verwalteten Daten, die er alleine auch wieder löschen kann. Trotz Anonymität ist im Einzelfall und nach richterlicher Verfügung die Strafverfolgung sichergestellt. Selbst digitale Neulinge können ein solches einfaches System bedienen. Die Verschlüsselung geht automatisch im Hintergrund, Passwörter und Telefonnummern muss man sich nicht mehr merken. Das Speichern ist für die hohe Verfügbarkeit und Datenintegrität in jeder Cloud möglich. Eine Suche über Spracheingabe kann ebenfalls realisiert werden. Die vielfältigen unterschiedlichen Navigationsoberflächen der Apps könnten langfristig ebenfalls weitgehend durch die Suchnavigation ersetzt werden.

    Ein weiteres bisher nicht von der Politik bewältigtes Problem ist die fehlende soziale Kontrolle im Internet. Wenn jemand in unserer physischen Welt bei uns einbricht, merken wir es schnell. Institutionen, wie die Polizei helfen uns bei der Verbrechensbekämpfung. Auf unseren Straßen hält sich grobes Fehlverhalten in Grenzen, weil dieses in der Öffentlichkeit schnell gemeldet und sanktioniert wird.
    Allein aufgrund der täglich eingestellten Datenmenge, gibt es in der digitalen Welt keine funktionierenden öffentlichen Sanktionen. Das aktuelle Politiker-Leak ist nichts anderes als eine realistische Bestandsaufnahme. Niemand weiß mehr, was über ihn im Web verbreitet wird.
    Auch hierzu habe ich eine Lösung geschaffen, bei der ich nicht nur eine mit der vordigitalen Welt vergleichbare soziale Kontrolle einführe, sondern gerade den heutigen Verlierern der Digitalisierung eine Chance zur Integration in eine demokratische digitale Gesellschaft biete.

    Die vollautomatischen Indizierungen und Analysen von Suchmaschinen und Social Media Programmen kommen an ihre Grenzen. Durch einen ausgewogenen Einsatz von künstlicher Intelligenz mit menschlicher Bewertung und Kontrolle werden heutige Manipulationen der Internets verringert und eine soziale Kontrolle für die digitale Gesellschaft eingeführt.
    Wer mehr wissen will, kann das in meinem neuen Buch „Trusted WEB 4.0 – Infrastruktur für eine Digitalverfassung“, siehe https://www.springer.com/de/book/9783658228156 nachlesen.

    Digitale Demokratie: 2019 wird ein Schicksalsjahr für Deutschland

    Liebe Leser,
    Ich wünsche uns für das neue Jahr die ersten Pilotprojekte für eine Infrastruktur der Daseinsvorsorge sowohl im Sinne des einzelnen Bürgers als auch zum Erhalt des demokratischen Systems.
    2019 werden die Weichen für eine digitale Gesellschaft gestellt, in der zunehmend autonome Systeme eingesetzt werden. Es ist höchste Zeit, unsere demokratischen Errungenschaften zu analysieren und das, was uns wichtig ist, auf die digitale Gesellschaft zu übertragen.

    Die letzten technischen Revolutionen wurden nicht von Europa getrieben, sondern von den Ländern, die den größten Veränderungsdruck und somit den Nutzen aus der Veränderung gezogen haben. So hat das Smartphone in wenig entwickelten Ländern vielen Menschen erst die Möglichkeit gegeben, an der Gesellschaft teilzunehmen und Handel zu betreiben. Facebook ist in manchen Ländern die einzige Plattform, auf der die digitale Vernetzung und Organisation von Menschen stattfindet. Eher zufällig haben die Übereinstimmung skalierbarer Geschäftsmodelle mit den Bedürfnissen vieler Menschen zur globalen Durchsetzung weniger Produkte geführt.

    2020 soll nun für jeden Bürger verbindlich in China ein neues Social Credit System eingeführt werden. Neu ist, dass diese Entwicklung nicht nur von privatwirtschaftlichen Interessen getrieben wird, sondern eine autoritäre Ideologie durch eine hierauf abgestimmte Digitalstrategie gestützt werden will.
    Das Social Credit System wird erfolgreich sein, weil es die Probleme der Mehrheit der Chinesen löst, wie zum Beispiel die Vertrauenswürdigkeit eines Bürgers zum Erhalt von Darlehen. Es wir auch für nicht privilegierte Chinesen zur Anerkennung innerhalb der Gesellschaft und zu mehr Gerechtigkeit führen, siehe https://media.ccc.de/v/35c3-9904-the_social_credit_system. Allerdings geht es um gesellschaftliche Gruppen, die bisher überhaupt keine Chance auf Anerkennung und Integration haben.

    Deutschland ist nicht China. Vieles wird von der Mehrheit der Chinesen als Fortschritt begrüßt, was uns bei Berücksichtigung unserer Bürgerrechte heute undenkbar erscheint und die Probleme unserer weit entwickelten Gesellschaft nicht löst. Allerdings aufgrund der Vielzahl und Größe der in China angestoßenen Projekte ist davon auszugehen, dass die aus Sicht eines Wohlstandes für Mehrheiten entwickelten Projekte auch unsere digitale Gesellschaft beeinflussen werden. Genau das ist Ziel des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, siehe https://www.youtube.com/watch?v=o4BA_6RROJ8.

    Smartphones, sowie Google, Amazon und Facebook haben sich auch in Deutschland durchgesetzt, weil bei uns der Leidensdruck durch eine vorhandene gute Integration aller Bürger in die Gesellschaft nicht groß genug war, um frühzeitig eigene Entwicklungen aufzusetzen. Die Global Player konnten sich in einem Vakuum ohne jegliche Konkurrenz ausbreiten. Diese Entwicklungen haben mit den China getriebenen Systemen gemeinsam, dass sie ihre skalierbaren Geschäftsmodelle auf Mehrheiten ausrichten.

    Die Demokratie will hingegen jeden einzelnen schützen, insbesondere die, welche zu Minderheiten gehören. Demokratien, Individualität und Pressefreiheit werden aktiv von der chinesischen Ideologie bekämpft.
    Auch bei uns arbeiten bereits Banken, Versicherungen und Plattformen, meist gesellschaftlich unreflektiert, an Scoring Systemen, die sich nur graduell von den chinesischen Konzepten unterscheiden.

    Wir benötigen also dringend Pilotprojekte, welche den demokratischen Gedanken im Sinne von Minderheiten in einer speziellen technischen Infrastruktur für die demokratische digitale Gesellschaft berücksichtigen. Möglichst jeder Bürger sollte stigmatisierungsfrei an der digitalen Gesellschaft teilhaben können. Es besteht dann die große Chance, gerade diejenigen in einem Gesamtkonzept einzubinden, zu fordern und zu fördern, die derzeit in Deutschland die ausgemachten Verlierer der Digitalisierung sind. In meinem Buch „Trusted WEB 4.0 – Infrastruktur für eine Digitalverfassung“, siehe https://www.springer.com/de/book/9783658228156, habe ich ein solches Gesamtkonzept vorgestellt.

    Schon immer haben Demokratien mehr Vorlaufzeit für ihre Entwicklung gebraucht, als autoritäre Staaten. Dafür waren sie dann auch erfolgreicher und stabiler.
    Die uns jetzt verbleibende Zeit wird äußerst knapp. Die Politik muss handeln!
    Was wir nicht verkraften werden, ist ein erneutes Vakuum mangels eigener Alternativen, in dem wir nun einem chinesischen System erlauben, sich auszubreiten. Eine mit digitaler Effizienz eingeführte totalitäre Überwachung und Steuerung der Menschen würde nur schwer umkehrbar sein und dann letztendlich eine von uns nicht gewollte Ideologie auch bei uns durchsetzen.

    Olaf Berberich

    Neues Buch: Wir brauchen eine Infrastruktur für die Digitalverfassung

    DSGVO, neue Polizeigesetze und Netzwerkdurchsetzungsgesetz haben alle eines gemeinsam. Sie werden vom Gesetzgeber aus dem Blickwinkel einer vordigitalen Gesellschaft gemacht. Wie müssen Gesetze für die digitale Gesellschaft gemacht werden?

    Wohin entwickelt sich das Internet? Werden einige wenige Global Player mit ihren digitalen Plattformen weiterhin den Markt und die Konsumenten beherrschen? Drohen Errungenschaften wie Demokratie, individuelle Freiheit und soziale Marktwirtschaft verloren zu gehen? In seinem Buch zeigt Olaf Berberich die Risiken des Web 4.0 für Bürger und Gesellschaft auf und entwirft einen Masterplan für eine digitale Transformation, die Demokratie und regionale Wertschöpfung sichert.

    Das Buch ist aus der Sicht der Bürger geschrieben, ohne dabei ein nachhaltiges Wachstum der Wirtschaft zu vernachlässigen. In vier Kapiteln entwickelt der Autor einen umfassenden Plan für eine bürgernahe und demokratisch bedingte digitale Transformation. Dazu gehören ein neues digitales Wertesystem, die digitale Bürgerbeteiligung sowie demokratische Spielregeln und dezentrale Wertschöpfungsketten. Darüber hinaus analysiert der Autor bereits sichtbare negative gesellschaftliche Fehlentwicklungen der Digitalisierung. Anhand konkreter Handlungsempfehlungen zeigt er, was passieren muss, damit einerseits die Demokratie nachhaltig in die digitale Gesellschaft übernommen wird und andererseits nicht die Menschen durch globale Systeme und künstliche Intelligenzen beherrscht werden. Sowohl die Bürger als auch die Wirtschaft werden unter fairen Bedingungen in die digitale Wertschöpfungskette eingebunden.

    Das Buch richtet sich nicht nur an Profis in den Bereichen Softwareentwicklung und Internet, sondern insbesondere an Politiker, Juristen, Soziologen, Volkswirtschaftler, Führungskräfte – und an alle, die sich für aktuelle gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Veränderungsprozesse interessieren.

    Plattformen – Nicht öffnen, sondern demokratische Voraussetzungen schaffen!

    Gerade erst habe ich unter http://blog.get-primus.net/dsgvo-heutige-gesetze-sind-fuer-die-digitale-gesellschaft-nicht-geeignet/ darauf hingewiesen, dass heutige Gesetze für die digitale Gesellschaft nicht geeignet sind, da legt der Bundestag mit einer breiten Zustimmung zum Antrag der Grünen https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/018/1901852.pdf, Regelungen für „faire digitale Märkte – Wettbewerb und Datenschutz sicherstellen“, noch eins drauf.

    Die Herausforderungen, auf welche ich bereits seit über einem Jahrzehnt hinweise, sind durch die rechtswidrigen Datenabflüsse von Facebook an Cambridge Analytica erst in den USA, dann in unseren Medien und schließlich in der deutschen Politik angekommen.
    Leider bin ich mir sicher, dass die hier von den Grünen eingebrachten und von Teilen der Groko unterstützten Vorschläge (https://netzpolitik.org/2018/bundestag-ueberlegt-digitale-plattformen-zur-oeffnung-zu-verpflichten/ ) gut gemeint, aber sehr gefährlich für die Demokratie sind.
    Die deutschen Politiker überschätzen ihre Möglichkeiten, den globalen Playern vorschreiben zu können, wie sie sich zu verhalten haben. Oder waren es gar die Lobbyisten der großen Player, die sich das in Teilen ausgedacht haben?

    Interoperabilität zwischen den einzelnen Portalen soll gewährleistet werden. Gemäß Wikipedia ist „Interoperabilität die Fähigkeit unabhängiger, heterogener Systeme, möglichst nahtlos zusammenzuarbeiten, um Informationen auf effiziente und verwertbare Art und Weise auszutauschen bzw. dem Benutzer zur Verfügung zu stellen, ohne dass dazu gesonderte Absprachen zwischen den Systemen notwendig sind“.
    Im Idealfall geht es also nicht nur darum, dass die verschiedenen Messanger-Dienste miteinander kommunizieren, sondern darum, auch die technischen Systeme aufeinander abgestimmt arbeiten zu lassen.
    Es ist eine umfangreiche GISAD Studie nötig, um ausführlich auf alle geforderten Punkte einzugehen. Viele Forderungen sind einfach realitätsfern und auch widersprüchlich. Zum Beispiel kann man globale Internetunternehmen nicht in Deutschland zerschlagen. Auch widerspricht E-Privacy grundsätzlich den werbefinanzierten Geschäftsmodellen dieser Anbieter. Im Sinne ihrer Shareholder müssen sie Maßnahmen ergreifen, um möglichst hohe Werbeeinnahmen zu generieren. Wird das Regelkorsett zu eng, verlegen sie ihr Geschäft einfach auf andere Teile der Welt und hinterlassen bei uns dann ein Vakuum.
    Die schöne Idee der Grünen aus Sicht einer vordigitalen Welt besteht darin, zu glauben, man könne durch einzelne Gesetze Wettbewerb in einer bereits monopolisierten globalen digitalen Welt erreichen. Folgt der Bundestag diesem Vorschlag, verspielt er den letzten Vertrauenskredit, den er beim Wähler in Sachen Digitalisierung noch hat.

    Stellen wir uns einmal vor, wie sich der Straßenverkehr entwickelt hätte, wenn die Infrastruktur nicht dezentral von den einzelnen Regionen gebaut worden wäre. Ein globaler Autohersteller hätte ein sensationelles Geschäftskonzept, über welches er die Straßen auf der ganzen Welt finanzieren könnte. Damit alle diese Straßen auch benutzen, wäre das Fahren auf den Straßen für den Einzelnen kostenlos, solange er ein Auto dieses Autoherstellers mieten würde. Jeder, der ein Produkt auf den Parkplätzen anbieten wollte, müsste hierfür einen erheblichen Anteil seiner Einnahmen an den Autohersteller abgeben. Im Sinne des Geschäftsmodells und der Mehrheit würden nur Straßen bis hin zu zentralen Parkplätzen gebaut. Gleichzeitig würde der Autohersteller alle Grundstücke in der Nähe der Parkplätze kaufen, hierauf Wohnraum bauen und teuer vermieten. Der Staat fände es gut, sich nicht um den Straßenbau kümmern zu müssen.
    In Folge gäbe es nur noch Feldwege zu weiter weg gelegenen Häusern. Güter jenseits der Parkplätze zu kaufen, würde unerschwinglich, weil die Logistikkosten für die Fahrten auf den nicht ausgebauten Wegen viel zu teuer wären. Der Staat hätte auch keine Steuereinnahmen mehr, um Straßen auszubauen, weil die Menschen, um die ständig steigenden Auto- und Wohnungsmieten überhaupt noch zahlen zu können, keine Steuern mehr zahlen würden. Hier würde man von einem gescheiterten Staat sprechen. Nach und nach würde der Autohersteller alle zuvor vom Staat erbrachten Leistungen übernehmen.

    Ich möchte das Beispiel nicht überstrapazieren. Aber während glücklicherweise die Staaten ihre Verkehrsinfrastruktur selbst ausgebaut haben und im freien Wettbewerb die Autos vieler Autohersteller auf der ganzen Welt fahren können, ist die Situation des Internets viel bedrohlicher als im fiktiven Straßengeschäftsmodell. Weitgehend übernehmen nämlich heute die Staaten die teuren Infrastrukturkosten für den Mobilfunk und Festnetzausbau, überlassen aber die Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsverteilung dann wenigen globalen Anbietern, die sich so ungebremst ausbreiten konnten und noch nicht einmal Steuern zahlen.

    In den nächsten maximal fünf Jahren wird sich zeigen, ob wir einen gescheiterten Staat erleiden müssen, oder ob der Staat es schafft, uns ins Zeitalter der digitalen Gesellschaft zu begleiten!

    Der Vorschlag der Grünen ist ein Todesstoß für die Demokratie, weil er nicht „ein großer Gewinn für Verbraucherinnen und Verbraucher“ sein wird, sondern die Konsolidierung der Internetplattformen zu einer Oberfläche für alle beschleunigen wird. Diese Oberfläche wird das Werkzeug für eine totalitäre digitale Gesellschaft sein.
    Die Konsolidierung wird nicht dazu führen, dass neue Startups eine Chance haben. Die hierzu nötige soziale Marktwirtschaft gibt es derzeit im Internet nicht. Eine Interoperabilität bedeutet eben nicht nur, dass die großen Player wie Facebook sich für kleine Plattformen öffnen, sondern auch die kleinen Plattformen für Facebook. Sieger der durch die Forderungen der Grünen angestoßenen Konsolidierung ist derjenige, der ein erprobtes Geschäftsmodell, die hierfür beste Technik, die entsprechenden Kunden und das meiste Geld besitzt.
    Die Werbekunden sind bequem und risikoscheu. Sie möchten möglichst über einen vertrauten Anbieter die Kunden erreichen. Google, Amazon und Facebook wechseln ständig die technischen Bedingungen für Agenturpartner, einen Mix aus Informationen und Werbung für die Kunden optimal zu platzieren. Das zwingt Agenturen dazu, sich auf die großen Player zu konzentrieren. Bei Search Engine Optimierung ist die Agentur erfolgreich, die einen direkten Draht zu Google hat, etc..

    • Viele Werbekunden wollen ihre Produkte international über einen globalen Partner vermarkten. Wieso sollten die Werbekunden zu kleineren Plattformen wechseln, solange die Zusammenarbeit mit den vorhandenen Partnern funktioniert?
    • Es sind umfassende Datenmengen über jeden einzelnen erforderlich, um verwertbare zielgruppenoptimierte Werbung anbieten zu können. Diese Datenmengen haben kleine und neue Plattformen nicht!
    • Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz kostet Milliarden. Dieses Kapital besitzen nur die ganz großen Player. Interoperabilität bedeutet, dass die Analysesysteme der großen Player auf noch mehr Informationen als in ihren eigenen geschlossenen Plattformen zugreifen können. Die kleinen Player können sich diese Technologien nicht leisten oder profitieren nicht, weil ihnen zu wenige Basisdaten zur Verfügung stehen.
    • Sollte doch einmal eine kleine Plattform ein besseres Konzept anbieten, würde sie von einem großen Player gekauft werden.
    • Ein Standard ist leichter zu manipulieren und überwachen als viele Standards.

    Es würde schnell nur noch ein globaler Anbieter mit einer unangreifbaren Macht übrigbleiben. Den grünen Politikern rate ich dringend, einmal kritisch meine Argumente zu reflektieren, um nicht zum Erfüllungsgehilfen eines totalitären digitalen Systems zu werden!

    Auch ich gehe in meinem neuen im Sommer bei Springer Vieweg erscheinenden Buch „Trusted WEB 4.0 – Masterplan für eine demokratische digitale Gesellschaft“ davon aus, dass eine Oberfläche oder besser, eine gleiche Schnittstelle zwischen Menschen und digitalen Angeboten in den nächsten Jahren kommen wird, weil sie vieles vereinfacht. Aber diese Schnittstelle muss Teil einer Infrastruktur mit Verfassungsrang sein, deren Konzept demokratisch gestaltet und überwacht wird. In Kombination mit einer Digitalverfassung wird hierdurch der Staat erst in der digitalen Gesellschaft legitimiert und handlungsfähig. Eine leistungsgerechte Wertschöpfungsverteilung für alle Anbieter ist durchsetzbar, wenn man, wie im Buch vorgestellt, ein auf die soziale Marktwirtschaft eines Landes abgestimmtes ganzheitliches Regelwerk einführt.
    Man schafft so mit relativ kleinem Geld die Voraussetzung für die digitale soziale Marktwirtschaft, in der Deutschland schneller als andere Länder Industrie 4.0, eHealth, Smart Home und das autonome Fahren einführen kann, weil in einer WAN anonymen dezentralen Infrastruktur Datenschutz- und Datensicherheitsbedenken keine Marktbarrieren mehr aufbauen.

    DSGVO – heutige Gesetze sind für die digitale Gesellschaft nicht geeignet!

    Am 25. Mai 2018 tritt die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung(DSGVO) in Kraft. Vier Jahre wurde mit zahllosen Änderungsanträgen hierum gerungen. Wie alle bisherigen Gesetze baut diese auf den Verfassungen der vordigitalen Gesellschaft auf. Warum wird es der Gesetzgeber nicht schaffen, das Ziel des Datenschutzes für den Einzelnen hiermit durchzusetzen? Am Beispiel der DSGVO sei hier gezeigt, wie komplex und umfassend die Herausforderungen der Digitalisierung sind und dass die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Umsetzung in der digitalen Gesellschaft von Gesetzgeber nicht berücksichtigt wurden.

    Meine Forderung vorneweg: Wir brauchen eine Infrastruktur für eine Digitalverfassung, damit Gesetze im digitalen Zeitalter überhaupt ihre Wirkung entfalten können!

    Gemäß den Trusted WEB 4.0 Kriterien sollen die Errungenschaften der vordigitalen Demokratien die Grundlage dafür bieten, um die Rechte, Pflichten und Ziele in der digitalen demokratischen Gesellschaft zu bestimmen.
    Die digitale Gesellschaft unterscheidet sich von der vordigitalen Gesellschaft dadurch, dass zunehmend autonome Systeme eingesetzt werden, deren Entscheidungsbasis nicht mehr menschlich ist. Die ausgeführten Verfahren und Algorithmen entziehen sich dem menschlichen Verständnis und zunehmend seiner Einflussnahme, so nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden solche Systeme im Sinne menschlicher Mehrheiten entscheiden.

    Das wahrscheinlichste Zukunftsszenario auch für Deutschland ist eine totalitäre digitale Gesellschaft, vergleichbar mit dem chinesischen Social Credit System, welches bis 2020 verbindlich für jeden Chinesen eingeführt wird. Jeder erhält bei Geburt eine gewisse Punktzahl. Bei jeder Abweichung eines Bürgers von der gesellschaftlichen Norm werden Punkte abgezogen. In Zukunft wird wohl auch das digital dokumentierte Verhalten der Eltern in die Bewertung einfließen. Wer reisen, eine Familie gründen oder arbeiten will, muss eine bestimmte Zahl an Credits haben. Der Vorteil für Staaten ist die hohe wirtschaftliche Effizienz eines solchen Konzepts, welches in Bezug auf die Effizienzziele skalierbaren US-Geschäftsmodellen wie dem von Facebook entspricht. Zur Bewertung mit Social Credits ist zudem genau, wie bei der Bereitstellung von gezielter Werbung, die Erstellung eines möglichst genauen Personenprofils Voraussetzung. So bietet sich eine enge Zusammenarbeit zwischen Staaten und kommerziellen Datenverwertern an.
    Von demokratischer Vielfalt geprägt, ist die heutige Rechtsprechung eher überreguliert, mit immerhin der guten Absicht, jedem Einzelfall gerecht zu werden. Für ein reines Denken in Mehrheiten ist eine solche Justiz uneffektiv. Sie spielt, wenn wir nicht sofort mit aller Kraft ein Demokratie erhaltendes Konzept für die digitale Gesellschaft entwickeln, in Zukunft keine Rolle mehr.

    Auch das demokratische Rechtssystem strebt nach Verringerung von Verkehrsunfällen, einer Reduzierung der Kriminalität, etc.. Auch hier werden für Optimierungen im Promillebereich im Sinne der Mehrheit ständig weitere Einschränkungen für den Einzelnen hingenommen. Die Kosten zum Erhalt eines demokratischen Systems mit seiner Gewaltenteilung und seinen vielen Institutionen sind jedoch wesentlich höher, als die für ein über Social Credits in Kombination mit künstlicher Intelligenz gesteuertes System. Spielt nur der direkte Vergleich der Wirtschaftlichkeit eine Rolle, haben Demokratien in der digitalen Gesellschaft keine Berechtigung.
    In der Vergangenheit haben Diktatoren ähnliche oder sogar höhere Kosten wie Demokratien aufbringen müssen, um ihre Macht zu erhalten. Das Social Credit System hat den Vorteil, dass es bei dem vordergründigen Diktat der Masse keinen Gegner gibt, den es zu bekämpfen lohnt. Totalitäre Staatslenker können hiermit ihre Macht ausbauen und sich wie in einer Demokratie von der Mehrheit legitimiert sehen. Ihre Interessen setzen sie hierbei durch Manipulation der Mehrheitsmeinung durch.

    Die Anpassungsgeschwindigkeit eines Social Credit Systems, zum Beispiel an einen schnell auftretenden Klimawandel, ist wesentlich größer, als die in einer langsam entscheidenden Demokratie.
    Ein weiterer Vorteil des Social Credit Systems ist, dass es einfach ist. Viele Menschen wollen sich nicht mit Problemen beschäftigen und lieben einfache Lösungen. Der Rechtstaat hingegen ist kompliziert. Er begünstigt zudem Know-how Träger, welche Gesetze für ihre Zwecke nutzen können.

    Im konkreten Beispiel der DSGVO soll der Schutz der personenbezogenen Daten innerhalb der europäischen Union sichergestellt werden. Die DSGVO ist ein gutes Beispiel, um zu zeigen, wie die Rechtsprechung einerseits der vordigitalen Gesellschaft verhaftet bleibt und andererseits totalitäre digitale Systeme längst die Rechtsprechung konterkarieren.
    Zum einen setzt die DSGVO die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen und Zustimmung zum Umfang der Datenverarbeitung voraus. Zum anderen geht die DSGVO davon aus, dass dem Einzelnen die Mittel für Datenschutz und Datensicherheit zur Verfügung stehen. Beide Voraussetzungen sind aber gerade bei der Zielgruppe der Einzelpersonen, welchen die DSGVO einen höheren Schutz bieten soll, nicht erfüllt.
    Erstens besteht beim Konsumenten eine echte Entscheidungsfreiheit gerade nicht gegenüber solchen Unternehmen, welche primär durch die Gesetzgebung geregelt werden sollen. Nach dem subjektiven Eindruck des Bürgers haben viele große Unternehmen die Totalitarismusschwelle bereits überschritten. Diese definiert sich durch die Einschätzung des Konsumenten von seiner Abhängigkeit von einem Unternehmen, seinen Kosten und Möglichkeiten der Ersatzbeschaffung eines ähnliches Produktes, seiner Möglichkeit der Rückabwicklung, also zum Beispiel der Übertragbarkeit seiner Datenbeständen von einem zum anderen Anbieter und den Kosten, die er für einen Technikersatz aufbringen muss. Wer seine Studienunterlagen nur bei Facebook beziehen kann, hat keine andere Wahl, als die Datenschutzerklärung von Facebook zu akzeptieren. Facebook ist sich dieser Macht bewusst und verschärft sogar seine Datenverwertung im Rahmen der DSGVO. Mit genügend eigenen Daten versorgt, benutzt es die DSGVO als Vorwand, um die Datenhändler zu kündigen. Der Einzelne muss nun sogar die Verwendung von biometrischen Daten in Form von Gesichtserkennung akzeptieren.
    Zweitens sind Datenschutz und Datensicherheit derzeit für den Einzelnen nicht mehr herstellbar. Es besteht hieran bei der aktuellen deutschen Regierung auch kein echtes Interesse. Die Analyse des Koalitionspapiers weist eher auf einen weiteren Einbau von Türen für Staatstrojaner und Ausbau der Überwachungsmaßnahmen, sowie Speicherung und Austausch von immer mehr personenbezogenen Daten hin.
    Auf der Stecke bleiben werden kleine Betriebe mit fehlendem Know-how und mancher Selbständige mit von Drittanbieten eingebauten Scripts.
    Sicherlich ein wenig überzeichnet, aber dem Grundsatz entsprechend, alles was vereinbart ist, ist legal, habe ich für die Trusted WEB 4.0 Seiten nun neue Datenschutzbedingungen veröffentlicht, siehe Datenschutzrichtlinien . Diese haben die berechtigte Intention, Schaden von mir fern zu halten.

    Nun, die Weichen für die Zukunft sind gestellt, oder? Wer soll denn ein Interesse an einer digitalen demokratischen Gesellschaft haben? Die Antwort ist einfach: „Minderheiten“.
    Im Folgenden habe ich einige Minderheiten aufgeführt. Die Liste lässt sich fast beliebig verlängern: „Kreative, Intellektuelle, Intelligente, Liberale, Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Philosophen, Leistungssportler, Vegane, Raucher, Behinderte, Mitglieder von Religionsminderheiten, Sammler, Dieselfahrer, ethnische Minderheiten, sprachliche Minderheiten (Dialekte), sexuelle Orientierung, soziale Schichten.“ Tatsächlich kann man heute nicht wissen, welches heutige digital dokumentierte Verhalten in Zukunft bei sich verändernden Normen sanktioniert werden wird.

    Für die Demokratie lässt sich argumentieren, dass die meisten großartigen Ideen, die unsere westlichen Gesellschaften historisch weitergebracht haben, von individualistischen Einzelkämpfern entwickelt und durchgesetzt wurden. Nur, ob diese Langfristperspektive bei Überlegungen, auch bei uns schon vorhandene Scorewerte zu einem Social Credit System auszubauen, Berücksichtigung finden wird, ist fraglich.

    Ein umfangreicher Katalog von Maßnahmen, den ich in meinem neuen Buch „Trusted WEB 4.0 – Masterplan für eine demokratische digitale Gesellschaft“ (erscheint im Sommer bei Springer Vieweg) veröffentliche, ist nötig.
    Es geht darum, alle Kräfte, auch diejenigen, die derzeit als Verlierer und Kostenverursacher der Gesellschaft gelten, für die Demokratie zu mobilisieren. Es geht darum, Vorteile und Stärken der Demokratie zu identifizieren und diese in Digitalisierungskonzepten abzubilden. Es geht um eine technische Infrastruktur als Voraussetzung für eine Digitalverfassung, in der Wähler und Politik nicht über den Umweg ausländischer Werbeplattformen zusammenfinden. Anonymität und eine wesentlich erhöhte Datensicherheit für Einzelne können durch diese Infrastruktur sichergestellt werden. Das Buch bietet viele Ansätze, die weitergedacht und mit allen Leistungsträgern unserer Gesellschaft verhandelt werden müssen.

    Haben wir noch genug Zeit?

    Olaf Berberich